Mittelbayerische Zeitung: Ironie der Geschichte Kommentar zum Aus für Rot-Grün in Berlin

Das von vielen in Berlin erwartete Bündnis von
SPD und Grünen ist geplatzt, noch ehe es überhaupt begann. Es ist
gescheitert an den diametral unterschiedlichen Vorstellungen über ein
3,2 Kilometer langes Autobahn-Prestigeprojekt. Wahlsieger Klaus
Wowereit wollte es unbedingt haben. Die Grünen wollten es unbedingt
verhindern. So viel Kompromisslosigkeit auf beiden Seiten hat die
rot-grünen Träume zerplatzen lassen. Und dass dürfte nicht nur
Konsequenzen für die Hauptstadt, sondern auch für den generellen
Umgang von Rot und Grün auf Bundesebene haben. Die gegenüber dem
jeweils anderen an den Tag gelegte Schonung ist damit vorbei. Und
Wowereit muss sich darauf einstellen, von der Geschichte eingeholt zu
werden. Vor zehn Jahren gelang es ihm, mit Hilfe von Grünen und PDS
den damaligen Regierenden Bürgermeister Eberhard Diepgen von der CDU
aus dem Amt zu jagen. Nun muss der Berliner Ober-Sozi ausgerechnet
mit den Diepgen-Nachfolgern eine Koalition bilden. Eine andere Option
auf eine solide Mehrheit hat er nicht. Rot-Schwarz war nie der Wunsch
von König Klaus, doch völlig ausschließen wollte er es auch nicht.
Zumal Wowereit mit der Grünen-Spitzenkandidatin Renate Künast ein
Verhältnis wie Hund und Katz hatte und um die Sprengkraft der
Autobahn wusste. Dann tut sich Wowereit doch lieber mit der
pflegeleichteren CDU zusammen – auch wenn er die eigene Partei damit
verprellt.

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