Mittelbayerische Zeitung: Kein zweites Watergate Kommentar zu David Cameron

Aufgeregte Seelen wollen im britischen
Abhörskandal schon ein neues Watergate erkennen. So schlimm wird es
nicht kommen. Die Affäre ist für den Premierminister David Cameron
peinlich, das ist sicher. Aber sie wird ihm kaum seinen Job kosten.
Was könnte man ihn auch vorwerfen? Naivität vielleicht, weil er sich
auf die Unschuldsbeteuerungen von Andy Coulson verließ, als er ihn
als Berater einstellte. Eine zu große Nähe zu den Mächtigen im
Murdoch-Konzern darf man dem Premierminister ebenfalls unterstellen.
Aber die gleiche Anschuldigung träfe für Politiker aller Parteien zu.
Auch der Oppositionsführers und Labour-Chef Ed Miliband war Gast bei
der Sommerparty von Murdoch vor vier Wochen. Andererseits hat sich
für Miliband noch nie eine bessere Gelegenheit ergeben, um gegen den
Premier punkten zu können. In den letzten Wochen war er es, der sich
zum Sprachrohr einer aufgebrachten Öffentlichkeit machen konnte. Er
forderte eine unabhängige richterliche Untersuchung und bekam sie. Er
rief danach, die BskyB-Übernahme durch Rupert Murdoch zu verhindern,
und der Medientycoon knickte ein. Aber bei der Personalie Coulson
kann Miliband dem Premierminister allenfalls eine „gravierende
Fehleinschätzung“ vorwerfen. Nicht genug, um Cameron zum Rücktritt zu
zwingen.

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