Philipp Rösler hat die zuletzt so arg
gebeutelte FDP auf dem Bundeskongress an der Ostseeküste
gewissermaßen wach geküsst. Der junge FDP-Chef mit vietnamesischen
Wurzeln pflegt anders als sein Vorgänger im Parteiamt, der bisweilen
schrille Haudrauf und Steuersenkungs-Politiker Guido Westerwelle,
einen ganz anderen Stil. Sachlich, unaufgeregt, mit feiner Ironie
ausgestattet will der 38-jährige Parteichef die Liberalen künftig
führen. Nach dem krawalligen Westerwelle, der die Liberalen erst zum
Höhenflug, aber dann an den Abgrund führte, könnte der Wechsel an der
Spitze der Partei einen Aufbruch einläuten. Aber ausgemacht ist die
politische Wiederauferstehung der deutschen Liberalen allerdings noch
lange nicht. Dazu braucht es mehr als einen neuen Stil, mehr als neue
Köpfe an der Spitze. Bereits die nächsten drei Landtagswahlen, bei
der der Einzug in die Parlamente jeweils auf der Kippe steht, dürfte
zu einer Bewährungsprobe für die neue Führungsspitze werden. Zu
gewinnen gibt es wahrscheinlich noch nichts. Rösler und Co. müssen
nun vor allem politisch und programmatisch liefern. Sie müssen klar
machen, warum und wofür liberale Antworten auf die Herausforderungen
der Zeit gebraucht werden. Die Reaktorkatastrophe von Fukushima und
die folgende Akzeptanzkrise der Kernkraft überhaupt hat die FDP kalt
erwischt. Der Zeitgeist ist vor allem grün. Selbst die einstigen
Kernkraft-Parteien CDU und CSU haben die Wende in dieser Frage
schneller geschafft als die Liberalen. Aber das heißt doch nicht,
dass hinter dem flotten, populistischen Kurswechsel auch das bessere
Konzept steht. Ähnlich verhält es sich bei der inneren Sicherheit.
Die Union ist ohne viel Federlesens dabei, Grundrechte dauerhaft
auszuhöhlen. Der Anti-Terrorkampf heilige alle Mittel. Nur gut, dass
es mit Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der Grand Dame der FDP,
eine standhafte Verteidigerin von Grundrechten im Kabinett – und auch
an der FDP-Spitze – gibt. Gesellschaftliche Problemfelder für
liberale Lösungen, oder zumindest liberale Positionen, gibt es
jedenfalls genug.
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