Primus mit Achillesferse
Die CSU ist unter Bayerns Parteien der Klassenprimus. Doch die
neueste Umfrage entlarvt auch die Achillesferse: Ausgerechnet einer
Partei, die das „sozial“ im Namen trägt, wird nur von 33 Prozent der
Wähler soziale Kompetenz bescheinigt. Das Vertrauen darauf, dass sich
die CSU ernsthaft um Menschen kümmert, die in Not sind, ist gering.
Es ist ein gefährliches Ergebnis. In Zeiten der Finanzkrisen
profitiert die CSU von ihrer gefühlten Wirtschaftskompetenz. Doch was
passiert, wenn durch ein unvorhersehbares Ereignis plötzlich soziale
Nestwärme gefragt ist? Fukushima hat gezeigt, wie sich
Machtverhältnisse in der Parteienlandschaft in kürzester Zeit
verschieben. Damals spülte es die Grünen nach oben. Partei mit Herz
oder Klassenprimus: Das bedeutet den Unterschied, ob die CSU nicht
nur geschätzt, sondern auch gemocht wird. Trotz all der Bestnoten in
den Kategorien Bayerngefühl, Wirtschaftskompetenz und Führungsstärke
gewinnt die CSU auch deshalb nur mühsam Distanz zum mageren
43,4-Prozent-Ergebnis bei der Landtagswahl 2008. Horst Seehofer weiß,
dass es in seiner Partei Verkrustungen gibt. Dort leben Allüren aus
Zeiten fort, in denen die CSU auf absolute Mehrheiten abonniert war.
Bei Offenheit und Transparenz spielt die CSU nicht in der Champions
League. Dabei wären hier Punkte zu holen. Die fröhlich-chaotischen
Piraten zeigen es. Sie haben dafür das gegensätzliche Problem: Fast
niemand verortet bei ihnen – abgesehen von Internetfragen –
irgendwelche Fachkompetenzen.
Von Christine Schröpf, MZ
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