Mitteldeutsche Zeitung: DDR-Flüchtlinge

Ministerin Leutheusser-Schnarrenberger schaltet sich in den Streit um Höhe der Renten für DDR-Übersiedler ein

Halle. Bundesjustizministerin Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat sich in den Streit um die
Renten jener Übersiedler eingeschaltet, die vor dem Mauerfall aus der
DDR in die Bundesrepublik übersiedelten, und dabei
Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) mangelnde Einsicht
zur Last gelegt. Das berichtet die in Halle erscheinende
„Mitteldeutsche Zeitung“ (Online-Ausgabe). In einem dem Blatt
vorliegenden Brief an die „Interessengemeinschaft Ehemaliger
DDR-Flüchtlinge“ schreibt Leutheusser-Schnarrenberger: „Sie wissen,
dass die FDP das Anliegen der Interessengemeinschaft Ehemaliger
DDR-Flüchtlinge e.V. immer unterstützt hat und auch weiterhin
unterstützt. Leider sind unsere Koalitionspartner und hier besonders
das federführende Bundesministerium für Arbeit und Soziales nicht
ausreichend von einer Änderung zu Ihren Gunsten überzeugt. Ich kann
Ihnen daher nur empfehlen, sich mit ihren Forderungen verstärkt bei
den Kolleginnen und Kollegen der CDU und CSU einzusetzen und zu
versuchen, diese von einer Wichtigkeit Ihres Anliegens zu
überzeugen.“ Der rentenpolitische Sprecher der
CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Peter Weiß, sagte daraufhin der
„Mitteldeutschen Zeitung“: „Ich wundere mich ein bisschen.“ Denn die
FDP habe bisher keinen Antrag im Interesse der Betroffenen
eingebracht. Tatsächlich hatte der Sprecher der
FDP-Bundestagsfraktion für den Aufbau Ost, Patrick Kurth, kürzlich
erklärt, es gebe „Ungerechtigkeiten in wahnsinnig vielen
Einzelfällen“; doch Sonderregelungen seien „nicht möglich“. Das
Bundesarbeitsministerium wollte sich auf Anfrage zu dem Brief der
Bundesjustizministerin nicht äußern. Die rund 200000 Übersiedler
werden nicht – wie ihnen nach der Übersiedlung zugesagt worden war –
nach dem Fremdrentengesetz verrentet, sondern nach dem
Rentenüberleitungsgesetz. Das Fremdrentengesetz ging von der Annahme
aus, dass die Übersiedler immer in der Bundesrepublik gearbeitet
hatten; das Rentenüberleitungsgesetz hebt diese Annahme auf und
behandelt sie im Prinzip wie jene DDR-Bürger, die erst nach dem
Mauerfall zu Bundesbürgern wurden. Dies führt zu Einbußen von
durchschnittlich 250 Euro pro Monat. Die Betroffenen haben sich
organisiert und versuchen, juristisch und politisch Druck auszuüben –
bislang ohne Erfolg. Allerdings hat sich die SPD-Bundestagsfraktion
jetzt ihre Position zu Eigen gemacht und dringt in einem von dem
Rentenexperten Anton Schaaf eingebrachten Antrag auf Korrektur. Sein
Unions-Kollege Weiß hält eine Renten-Berechnung nach dem
Fremdrentengesetz für ausgeschlossen, nannte es gegenüber der
„Mitteldeutschen Zeitung“ aber „theoretisch denkbar“, die
Übersiedler-Renten „um eine Summe x aufzustocken“.
Leutheusser-Schnarrenberger und die Union liegen auch auf dem Feld
der inneren Sicherheit über Kreuz. Die Union wirft ihr fehlende
Kompromissfähigkeit und mangelhaftes Engagement vor.

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Hartmut Augustin
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