Mal wieder eine Zwangsräumung in Berlin. Eine von Tausenden jedes Jahr in der Hauptstadt. Was die Habersaathstraße im Bezirk Mitte von anderen Zwangsräumungen unterscheidet: Es gibt Aufmerksamkeit. Das ehemalige Schwesternwohnheim zeigt exemplarisch, was schiefläuft in der Wohnungspolitik.
Zum einen ist da die Geschichte des Hauses. Es wurde 2006 für rund zwei Millionen Euro von der öffentlichen Hand verkauft, mit öffentlichen Mitteln saniert und dann 2017 für den zehnfachen Preis veräußert. Der Plan war erst eine Luxussanierung, jetzt heißt es: Abreißen und neu bauen. Ökologisch eine Katastrophe, sozial auch. Denn die Rechnung geht nur auf, wenn die Mieter*innen verschwinden. Bezahlbarer Wohnraum soll Investorenplänen weichen – eine direkte Folge fehlgeleiteter Privatisierungspolitik staatlicher Wohnungsbestände.
Da ist auch die Situation der Bewohner*innen, die sich mit einer Besetzung 2021 aus der Obdachlosigkeit gekämpft haben. Wo sie jetzt hinsollen? Notunterkünfte sind überfüllt. Bezahlbarer Wohnraum mehr als rar. Die staatlichen Unterstützungssysteme versagen.
Und da ist nicht zuletzt das Agieren der Eigentümergesellschaft, die frei werdende Wohnungen unbewohnbar macht und verbleibende Mieter*innen systematisch schikaniert – folgenlos. Die Warmwasserversorgung wurde 2023 eingestellt, ab November soll es nun auch keine Heizung mehr geben. Hinzu kommen zahllose Verwertungskündigungen gegen die Mieter*innen, die bislang alle abgeschmettert wurden.
Die Räumung vom Montag ist ein Skandal, aber ein Skandal mit Ansage. Sie ist die Folge einer Politik, die die Herstellung von Wohnraum „dem Markt“ überlassen hat, der diese Aufgabe nicht löst, sondern die Krise verschärft.
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