Glaubenssätze und Gefühle
Wer drei oder auch 30 Jahre zu Hause bleibt, kann seine Kinder
durchaus in allerbester Weise fördern. Er hat jedes denkbare Recht
dazu, sich so zu entscheiden. Gerade in Familien höherer Schichten,
sagen Studien, ist ein auf diese Weise erzogenes Kind auch kaum im
Nachteil gegenüber Jungen und Mädchen, die in Tagesstätten betreut
werden.
Neben sachlichen Argumenten prägen aber auch Glaubenssätze und
Gefühle die Debatte. Mehr Respekt vor der persönlichen Entscheidung
wäre hier hilfreich. Doch davon unabhängig kann und muss scharf
darüber gestritten werden, ob der Staat die Erziehung zu Hause über
das Maß hinaus fördern soll, wie er es durch steuerliche Vorteile für
Familien mit Alleinverdienern oder durch die Beitragsfreiheit in der
Krankenkasse ohnehin tut. Denn noch mehr Geld in die Hand zu nehmen,
wäre grundverkehrt. Die persönliche Freiheit hat zwar unberührt zu
bleiben. Aber gesellschaftlich, und darauf kommt es an, kann es kein
Interesse daran geben, dass Mütter dem Arbeitsmarkt verloren gehen,
dass es weniger Beitragszahler in der Sozialversicherung gibt, und
vor allem, dass Kinder aus der Unterschicht mit einem Handicap ins
Leben starten.
Theoretisch wäre es deshalb geboten, Hartz-IV-Bezieher beim
Betreuungsgeld auszunehmen. Nur macht dies noch klarer, worum es
dessen Verfechtern eigentlich geht: nicht um Kinder oder Systeme,
sondern einen geradezu staatsausplünderischen eigenen Vorteil,
inzwischen potenziert durch milliardenschwere Vorteile für ältere
Mütter – obwohl jungen Eltern doch viel größere Rentenlücken drohen.
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