Im Spannungsverhältnis
Selten wurde die Debatte über den Bundesetat derart stark von
Brüssel überschattet wie in diesem Jahr. Die Scheinwerfer richteten
sich gestern auf das Gipfeltreffen zur Haushaltsplanung der EU.
Während die europäischen Länder um Billionen feilschten,
verabschiedete das Parlament in Berlin relativ geräuschlos den 302
Milliarden Euro schweren Bundeshaushalt.
Zweifellos gehören während der Haushaltswoche die Redeschlachten
zwischen Regierung und Opposition zum Ritual, gerade mit Blick auf
die nächste Wahl. Daher wundert es nicht, dass SPD, Linke und Grüne
der Koalition zu wenig Ehrgeiz beim Sparen vorwarfen. Nur das
Gegenteil hätte erstaunt. Wenn jedoch tatsächlich gekürzt wird, wie
beim Entwicklungsetat, ist der Aufschrei stets groß.
Bemerkenswert ist aber schon, dass die Opposition mit ihrer Kritik
nicht allein steht: Am 7. November mahnten die fünf Wirtschaftsweisen
einen konsequenteren Sparkurs an, jetzt betont Bundesbankpräsident
Jens Weidmann, er habe sich von der Regierung ein ambitionierteres
Herangehen gewünscht.
Diese Äußerungen gehen über das übliche Parteiengeplänkel hinaus.
Zumal der Bundesregierung die wirtschaftliche Entwicklung, die
günstige Lage auf dem Arbeitsmarkt und die niedrigen Zinsen
finanzpolitisch entgegenkommen.
Doch die Koalition muss zugleich ihre europäischen Verpflichtungen
und Absprachen im Blick behalten. International wird ihr vorgeworfen,
nicht zu wenig, sondern zu stark zu sparen und der Weltwirtschaft
Wachstumsimpulse zu entziehen. Ein Spannungsverhältnis, das sie
aushalten muss.
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