Neue OZ: Kommentar zu Euro-Krise

Merkel spielt auf Zeit

Lange hatte es so ausgesehen, als wäre die Euro-Krise zum Großteil
gemeistert. Doch jetzt haben neue Entwicklungen sie wieder stärker
ins Blickfeld der Öffentlichkeit gerückt. Flammt die Krise noch vor
der Wahl richtig auf, könnten die Euro-Rebellen um Bernd Lucke die
schwarz-gelbe Koalition um die Wiederwahl bringen.

Die südlichen Sorgenkinder der Euro-Zone haben das Gröbste noch
lange nicht hinter sich: Frankreich hat sein letztes Top-Rating
verloren, auch über Italien hat die Ratingagentur Standard & Poor–s
letzte Woche wieder den Daumen gesenkt. Und während die Sparpolitik
Portugal in eine Regierungskrise gestürzt hat, braucht Griechenland
wohl einen weiteren Schuldenschnitt. Noch sträubt sich die
Bundesregierung gegen diesen Schritt, der die deutschen Steuerzahler
Milliarden kosten und die Haushaltsplanung durcheinanderwerfen würde.

Was Merkel fürchtet, dürfte der AfD in die Karten spielen: Eine
Verschärfung der Euro-Krise könnte sie aus dem Umfragetief und in den
Bundestag katapultieren, was vor allem die Stimmanteile von FDP und
Union schmelzen ließe. Es könnten ebenjene paar Prozentpunkte sein,
die über Wieder- und Abwahl der Koalition entscheiden. Kaum
vorstellbar ist aber, dass die AfD demnächst mitregiert. Schließlich
verkauft sie ihre Position in der Euro-Frage als unverhandelbar.

Merkel wird das Thema deshalb weiter kleinhalten. Es ist ein Spiel
auf Zeit. Der Sieger steht noch nicht fest.

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