Neue OZ: Kommentar zu Kriminalität / Geiselnahme / Stalking

Wo Stalking beginnt

Rachsucht, verletzte Eitelkeit, krankhafte Schwärmerei, Sadismus –
Stalker terrorisieren ihre Opfer aus unterschiedlichsten Gründen.
Gleichzeitig wiederholen sich die Muster offenbar so zuverlässig,
dass Psychologen eigene Kategorien für die jeweiligen Tätertypen
erstellen können. Über den emotionalen Haushalt von Stalkern denkt
man mithin gründlich nach, während jener der Opfer vernachlässigt
wird – trotz der Gesetzesnovelle, die 2006 aus der Privatsache
Stalking endlich einen Straftatbestand machte.

Stalker schaden ihren Opfern immens und langfristig, oft leiden
diese jahrelang unter Angstattacken und Depressionen. Viel zu
kurzsichtig liest sich da der Nachstellungs-Paragraf im
Strafgesetzbuch: Stalking muss demnach die Lebensgestaltung des
Opfers „schwerwiegend beeinträchtigen“, um als solches eingestuft zu
werden. Alltag ist allerdings, dass Gerichte und Behörden die
Definition teils völlig unterschiedlich auslegen. Ein Gefühl der
Sicherheit bietet das den Opfern nicht.

Ebenso wenig Klarheit und verlässliche Definitionssicherheit wie
in den Gerichten herrschen in der Gesellschaft. Es gibt schlicht
keinen Konsens darüber, wo Stalking beginnt und harmlosere
Belästigung aufhört. Hier deutliche Grenzen festzulegen, bevor es in
den Gerichtssaal geht, käme allen Beteiligten zugute. Dieser
anspruchsvollen Aufgabe müssen sich alle stellen – Betroffene wie
Nichtbetroffene. Ingolstadt kann überall sein.

Cornelia Mönster

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