Berechtigte Kritik
Die Kritik von Altkanzler Helmut Kohl an seinen Amtsnachfolgern
ist vernichtend. Vor allem Angela Merkel wird von ihrem ehemaligen
Förderer abgekanzelt. Kein Kompass, keine berechenbare Größe in der
Innen- und Außenpolitik: Das wirft Kohl Merkel, aber auch ihrem
Amtsvorgänger Gerhard Schröder (SPD) vor – und das völlig zu Recht.
Die zwei wichtigsten Säulen deutscher Außenpolitik – die
europäische Integration und das transatlantische Bündnis mit den USA
– sind gefährlich ins Wanken geraten. Die Aufnahme Griechenlands in
die Euro-Zone und die Aufweichung des Stabilitäts- und Wachstumspakts
im vergangenen Jahrzehnt waren historische Fehler, die nun das
Projekt Europa gefährden.
Die Ablehnung des Irak-Krieges, das Versagen im
Afghanistan-Konflikt und zuletzt die Enthaltung in der Libyen-Frage
haben die NATO geschwächt und eine europäische Sicherheitspolitik ad
absurdum geführt.
Wofür steht Deutschland? Wenn Kohl es schon nicht mehr weiß, wie
sollen es die Bündnispartner in Washington, London oder Paris
erahnen? Ganz zu schweigen von den Anhängern von Union und FDP, von
denen viele über die jüngsten schwarz-gelben Regierungsjahre zutiefst
enttäuscht sind.
Abschaffung der Wehrpflicht, Atom-Ausstieg, Allianz mit Russland
und China im UN-Sicherheitsrat, Entfremdung von den USA und
Frankreich: Eine solche Politik dürfte Kohl nur dem politischen
Gegner zugetraut haben, nicht aber Merkel.
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