Neue OZ: Kommentar zu Wulff

Wulff sollte sich selbst äußern

Eines unterscheidet Christian Wulff von den anderen noch lebenden
ehemaligen Bundespräsidenten: Es ist für ihn schwer bis unmöglich,
irgendwelchen Repräsentationspflichten nachzukommen. Braucht der
52-Jährige deshalb einen Fahrer und ein Büro auf Staatskosten? Diese
Frage wird heftig diskutiert, und sie ist berechtigt. Merkwürdig nur,
dass niemand darüber nach dem Rücktritt Köhlers nachgedacht hat, als
dieser monatelang nicht öffentlich in Erscheinung trat.

Wulff ist der erste ehemalige Bundespräsident, gegen den eine
Staatsanwaltschaft ermittelt. Was rechtlich am Vorwurf der
Vorteilsnahme dran ist und ob die Beschäftigung seiner früheren Frau
Christiane überhaupt irgendwelche strafrechtliche Bedeutung hat,
lässt sich nicht leicht beantworten. Selbst erfahrenen Juristen fällt
eine Antwort schwer. Und die Unschuldsvermutung gilt auch für Wulff.

Im Übrigen wäre es nicht nur für den früheren Bundespräsidenten
hilfreich, wenn die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nach
gründlicher Prüfung zügig abgeschlossen würden. Denn vom Ergebnis
hängt viel ab. Und sollte ein Gericht zu einer Verurteilung kommen,
würde sich zumindest in moralischer Hinsicht die Frage nach dem
Ehrensold neu stellen.

Unabhängig davon sollte Wulff selbst bald öffentlich begründen,
warum er jetzt ein Büro und einen Fahrer braucht. Und mitteilen, was
er von der einst von ihm selbst vorgeschlagenen Kürzung des
Ehrensolds hält.

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