Neue OZ: Kommentar zuÄgypten / Proteste

Große Hoffnung auf Baradei

Es ist bemerkenswert, wie schnell und deutlich sich US-Regierung
und Europäische Union auf die Seite der Demonstranten in Tunesien und
Ägypten stellen. Schließlich wurden in den vergangenen Jahrzehnten
alle Herrscher im arabischen Raum, die die Islamisten in Schach
halten konnten, mit Dollar-Milliarden und Wirtschaftsdeals belohnt.
So konnten es sich die Potentaten bequem machen und persönlichen
Reichtum anhäufen, während Demokratie und Menschenrechte litten.

Das Einzige, was die unterschiedlichen Gruppen des Protestes eint,
ist die blanke Wut auf die Machtelite. Eine zentrale Steuerung, ein
vernünftiges Oppositionsprogramm, geschweige denn eine charismatische
Führungsfigur sind bisher weder in Tunis und Kairo noch sonst wo
erkennbar. Ein gefährlicher Zustand, den in Ägypten nun
Fundamentalisten der verbotenen Muslimbruderschaft auszunutzen
versuchen.

Mit der Rückkehr des Friedensnobelpreisträgers Mohammed el Baradei
keimt im Land am Nil wie im Westen jedoch große Hoffnung, dass ein
Oppositionspolitiker mit internationalen Erfahrungen und
diplomatischem Talent die Regierung von Husni Mubarak ohne Chaos
ablösen kann. Der ägyptische Präsident wird das Rad der Revolution
kaum noch zurückdrehen können. Er sollte besser einsehen, dass seine
Zeit der Autokratie abgelaufen ist, bevor er sich wie sein
tunesischer Kollege Ben Ali bei Nacht und Nebel aus dem Staub machen
muss.

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