Die Fragezeichen um den sensationellen Münchner
Kunstfund häufen sich. Und wieder zeigt sich die bayerische Justiz
als Wundertüte. Als man Ermittlungen gegen „Bayern“-Ikone Uli Hoeneß
einleitete, da wurde sogar Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU)
umgehend informiert. Als man jedoch vor fast zwei Jahren in einer
unscheinbaren Münchner Wohnung mehr als 1.400 Bilder im Wert von mehr
als einer Milliarde Euro und von unschätzbarem Wert für die Kunstwelt
beschlagnahmte, hielt man es augenscheinlich nicht für notwendig, den
damaligen Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP) oder die
Justizministerin Beate Merk (CSU) zu informieren. Die Serie der
Merkwürdigkeiten beginnt spätestens mit der Beschlagnahme, und sie
setzt sich fort mit einem Deal, wie er nun offenbar geplant ist. Da
Augsburgs Justiz unter Hinweis auf das Steuergeheimnis nicht sagt,
was Gemäldebesitzer Cornelius Gurlitt vorgeworfen wird, muss man
vermuten, dass die Beschlagnahme rechtswidrig war. Denn allzu schwer
scheinen die Vorwürfe gegen Gurlitt nicht zu wiegen, sonst wäre man –
wie gegen Hoeneß – gleich mit einem Haftbefehl angerückt. Wenn es
nach den Augsburger Ermittlern gegangen wäre, hätten sie noch lange
Zeit im stillen Kämmerlein weitergepuzzelt. Mit einer einzigen
Sachverständigen, die sich für einen Teil der Bilder gar nicht als
sachverständig erklärte. Wie viel Jahre hätte man in Augsburg denn
noch im Geheimen vor sich hin ermitteln wollen? Bis der letzte
mögliche Anspruchsberechtigte gestorben oder
etwaige Rückgabeansprüche verjährt sind? Die Fragen häufen sich, wie
immer, wenn Geheimniskrämerei betrieben wird. Die bayerische
SPD-Kulturpolitikerin Isabell Zacharias liegt wohl richtig, wenn sie
sagt, das Ganze rieche nach einem Untersuchungsausschuss.Nicht nur in
München, denn auch die Behörde von Kulturstaatsminister Bernd Neumann
soll informiert gewesen sein. Es handelt sich also nicht um eine rein
bayerische Blamage. Was gerne vergessen wird: Noch konnte dem
79-jährigen Gurlitt offenbar nicht nachgewiesen werden, dass der auch
nur ein einziges der 1.406 Bilder zu Unrecht besitzt. Noch gelten für
ihn die Unschuldsvermutung und der grundgesetzliche Schutz des
Eigentums.
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