Anderthalb Jahre nach ihrem größten Wahlerfolg
ist die FDP tief verunsichert, warum sie in der Wählergunst
regelrecht abgestürzt ist und völlig ratlos, wer sie aus dieser
existenzbedrohenden Krise herausführen soll und mit welchen Inhalten
und Strategien. Parteichef Guido Westerwelle, noch vor Jahresfrist
umjubelter und strahlender Held der Partei, muss jetzt schon dankbar
sein, dass er nicht auch aus dem Auswärtigen Amt verjagt wird. Aber
ob es eine „boy group“um den nächsten FDP-Chef Philipp Rößler,
Generalsekretär Christian Lindner und NRW-Landeschef Daniel Bahr
richten kann, ob der 65-jährige Bundeswirtschaftsminister Rainer
Brüderle an der Parteispitze bleiben soll, welche Rolle die in NRW
weitgehend unbeliebte Bundestagsfraktionschefin Birgit Homburger
spielen soll, das ist alles völlig ungewiss, offen und umstritten.
Dabei ist die FDP überzeugt, dass ihre Inhalte und ihre Schwerpunkte
unverändert richtig sind, sie habe nur zu wenig in der
Regierungsarbeit durchsetzen können. Doch schon diese
Selbsteinschätzung ist nicht überzeugend und erst recht sind Zweifel
angebracht, ob Rößler im Berliner Politikalltag größere
Durchsetzungskraft aufbringt als der jetzt abgehalfterte Westerwelle.
Die FDP darf die Gründe für ihr Tief nicht bei anderen suchen und es
reicht nicht, Westerwelle vom Hof zu jagen. Sie muss sich fragen, ob
sie die richtigen Themen besetzt und nicht jetzt wieder über
Steuererleichterungen für die Mittelschicht räsonieren. Sie muss zur
Kenntnis nehmen, dass für die große Mehrheit die Bedrohung durch
fanatische Terroristen ernster ist als die Angst vor einem Staat, der
Daten sammelt, um Terroristen aufzuspüren. Und sie braucht nicht von
einem mitfühlenden Liberalismus zu reden, um dann wieder nur die
Durchsetzungsfähigen und Erfolgreichen im Visier zu haben.
Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de