Es hätte eine große Stunde der Diplomatie, ja
der Versöhnung zwischen westlicher und arabischer Welt werden können
– wenn Guido Westerwelle mitgespielt hätte. Doch der deutsche
Außenminister versuchte sich in der Rolle des Pazifisten als im
Sicherheitsrat über die Flugverbotszone in Libyen abgestimmt wurde.
Und so sieht sich Deutschland plötzlich an der wenig illustren Seite
von Staaten wie China und Russland statt an der der um ihre Freiheit
kämpfenden Libyer. Dabei hat niemand Deutschland gebeten, Truppen zu
entsenden. Das unterscheidet die Situation von der des Irak-Kriegs im
Jahr 2003. Damals gab es zudem statt eines Mandats der Vereinten
Nationen nur Täuschungen durch US-Präsident George Bush. Aus gutem
Grund verweigerte Altkanzler Gerhard Schröder den Beitritt der
Deutschen in die sogenannte Koalition der Willigen und wusste für
diese Haltung die Mehrheit der Deutschen hinter sich. 2011 ist die
Meinung der Deutschen anders: Sie sagen Nein zu Bodentruppen,
befürworten aber eine Flugverbotszone. Offenbar hat Westerwelle
ebenso wie Bundeskanzlerin Angela Merkel den Instinkt für
Einstellungen und Wertmaßstäbe der Bevölkerung verloren. An George
Bushs Koalition beteiligte sich keine arabische Nation. Für die
Aktion der Vereinten Nationen gegen Gaddafis Mordzug gegen das
libysche Volk sprach sich die Arabische Liga aus. An der Operation
wollen sich Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate beteiligen.
Das beschädigte Ansehen der Bundesregierung in Europa, in den USA und
in der arabischen Welt kann uns herzlich egal sein. Die Beschädigung
der außerordentlich hohen Achtung Deutschlands allerdings nicht. Im
Nahen und Mittleren Osten werden derzeit die Karten neu gemischt.
Ägypten und Tunesien haben sich auf den Weg zur Demokratie gemacht;
in anderen Staaten ringen die Bürger noch mit ihren Machthabern.
Überall hoffen die Menschen auf die Unterstützung der Europäer. Sie
im Stich gelassen zu haben, kann sich bitter rächen. Kein Araber
traut Gaddafis plötzlich angekündigter Waffenruhe. Zu oft hat er
nicht nur sein eigenes Volk belogen, sondern auch die arabischen
Regierungen. Freunde hat er dort keine. Nicht in Saudi-Arabien, nicht
bei den Palästinensern und auch nicht in Syrien. Der einzige, der zu
ihm halten könnte ist Umar Hasan Ahmad al-Baschir, der mit
internationalem Haftbefehl gesuchte sudanesische Staatschef. Eine
peinliche Gesellschaft.
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