Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Erdogans Äußerungen beim Berlin-Besuch Schlag gegen die Integration NICO BUCHHOLZ

Man kann die Uhr danach stellen: Wenn der
türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Deutschland ist,
zieht er über die Integration vom Leder. So war es auch bei seinem
Besuch anlässlich des 50-jährigen Bestehens des deutsch-türkischen
Anwerbeabkommens. „Wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten
Voraussetzung erklärt, verletzt die Menschenrechte“, sagt er. Doch
die Verpflichtung, die Landessprache zu lernen, ist keine
Beschneidung der Menschenrechte. Die Beherrschung der Sprache
ermöglicht erst, diese wahrzunehmen. Wie soll jemand, der nicht
Deutsch spricht, sein Recht auf Meinungsfreiheit in Deutschland sonst
wahrnehmen? Ein gesellschaftliches System besteht nicht nur aus
Menschen, die nebeneinanderherleben. Es beruht auf Kommunikation, bei
der einer den anderen versteht. Zugleich fordert Erdogan Deutschland
auf, den EU-Beitritt der Türkei zu unterstützen. „Der Beitritt würde
die Integration massiv vorantreiben.“ Doch auch dieser Schritt könnte
das Porzellan nicht kitten, das Erdogan mit seinen Reden zerschlägt.
Das Jubiläum des Anwerbeabkommens wäre Anlass, die Integration
optimistisch und konstruktiv voranzutreiben. Denn es gibt tatsächlich
noch viele Baustellen. Doch Erdogans Äußerungen sind das Gegenteil
von konstruktiv.

Pressekontakt:
Neue Westfälische
News Desk
Telefon: 0521 555 271
nachrichten@neue-westfaelische.de