Nun richtet sich der Protest tausender Muslime
auch gegen Deutschland. Gewalttätige Horden haben die deutsche
Botschaft im Sudan gestürmt und in Brand gesteckt. Vielleicht war es
nur Glück, dass keine Menschen verletzt oder sogar getötet wurden wie
noch am Mittwoch in Libyen, wo der US-Botschafter und drei seiner
Mitarbeiter vom tobenden Mob umgebracht wurden. Gegen alles, was
westlich ist, richtet sich derzeit der Zorn junger Männer in der
arabisch-muslimischen Welt. Schon ein kleines hirnloses Filmchen, im
Internet veröffentlicht, führt dazu, dass der Nahe Osten wieder
einmal in Brand gerät, die These vom Kampf der Kulturen wieder neue
Nahrung erhält. Dabei sind die Länder, in denen die Unruhen erneut
ausgebrochen sind, völlig unterschiedlich. So ist Ägypten seit
Jahrhunderten eher national organisiert, Libyen und auch der Sudan
eher tribal, also entlang von Stammesstrukturen. Auch sind die
Muslime untereinander nicht einig. Das wird im aktuellen Krieg in
Syrien sehr deutlich. Unterschiedliche Strömungen (Sunniten,
Schiiten, Alawiten) bekämpfen einander mit vollkommen verschiedenen
Zielen. Machtpolitisch und von der Stabilität her betrachtet, müsste
der Westen Präsident Assad dankbar sein, dass er das Land
zusammenhält. Wenn dessen Regime nicht so fürchterlich
menschenverachtend wäre. Denn wenn sich das Assad-Regime auflöst,
wird in Syrien noch größeres Chaos ausbrechen. Das einzige
verbindende Element der muslimischen Gewalt ist die soziale
Ausweglosigkeit der jungen Generation im gesamten muslimischen Raum.
In Ägypten zum Beispiel ist etwa die Hälfte der Bevölkerung jünger
als 18 Jahre alt – und meist ohne Arbeit. Die Perspektivlosigkeit
einer kompletten jungen Generation ist kurz- und mittelfristig nicht
zu beseitigen. Sie aber bietet den Nährboden für die Gewalt.
Interessierte Kreise radikaler Islamisten und von Al Kaida müssen nur
noch jene Lunte entzünden, die radikale christliche Kräfte im Westen
mit Filmen und anderen Schmähungen des muslimischen Glaubens legen.
Entsprechend sinnlos wäre es, jetzt mit Härte seitens des Westens zu
reagieren. Gewalt erzeugt nur Gegengewalt und sie verblendet.
Vernünftige islamische und christliche Organisationen rufen in
Deutschland und international zum Frieden auf. Gut so. Der Papst
besucht trotz der Unruhen den Libanon und nutzt seine Waffe: das
Wort. Richtig. Auch wenn angesichts der eskalierenden Gewalt die Wut
wächst, ist die doch kein guter Ratgeber. Insbesondere US-Präsident
Obama muss kühlen Kopf bewahren, der Neigung im Wahlkampf
militärische Stärke zu zeigen widerstehen. Angela Merkel hat nun als
betroffene deutsche Kanzlerin das Recht, entsprechend auf ihn
einzuwirken. Das ist kein Einknicken vor muslimischer Gewalt, sondern
ein Gebot der Klugheit. Klare Worte an die Verantwortlichen im Nahen
Osten, Kritik aber auch an den Elementen, die mit ihrem Film der
Gewalt einen Vorwand geliefert haben, helfen in dieser Situation mehr
als Säbelrasseln.
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