Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar Steuereinnahmen sprudeln Die Konsequenz des Sparens HANNES KOCH, BERLIN

Ist es nicht absurd? Trotz Eurokrise und großer
Probleme um uns herum steigen die Einnahmen des deutschen Staates
weiter. Doch die rekordverdächtigen Summen stimmen
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble nicht milde. Geld an die
Bürger zurückgeben will er fast keines – wenn man von einer kaum
spürbaren Steuersenkung absieht. Der Grund: Die öffentlichen Finanzen
sind überdehnt. Die deutsche Staatsschuld hat mittlerweile die
eindrucksvolle Größenordnung von über 2.000 Milliarden Euro erreicht,
was nahezu unserer kompletten jährlichen Wirtschaftsleistung
entspricht. Das ganze Land hat in den vergangenen Jahrzehnten über
seine Verhältnisse gelebt. Deswegen versucht die Politik nun, den
Rückwärtsgang einzulegen. Die deutsche Schuldenbremse und der
europäische Fiskalpakt sollen die Schuldenlast drücken. Die Mehrheit
der Deutschen unterstützt das. Dabei verlangen die Bürger zu Recht,
dass die staatlichen Ausgaben sinken – mindestens theoretisch. In der
Praxis jedoch sind solche Kürzungen eher schwierig, denn hinter den
Staatsausgaben verbergen sich Leistungen, die die Bürger gerne in
Anspruch nehmen. Straßen, Firmen, Bahnlinien, die Oper, das
Schauspielhaus, der Kindergarten, die Polizei – sehr vieles hängt an
öffentlicher Finanzierung. Was bleibt? Der Staat spart, aber nicht
bei den Steuern. Die werden steigen – auch deshalb, weil neue
Schulden für allseits gewünschte Leistungen wie zusätzliche
Kitaplätze und bessere Schulen nicht mehr wie früher möglich sind.
Höhere Steuern auf Einkommen, Vermögen und Kapitalgewinne – nach 25
Jahren Steuersenkungsrhetorik ändert sich nun der Ton. Das, was wir
als Gesellschaft gemeinsam in den vergangenen Jahren zu viel
konsumiert haben, werden wir in den kommenden Jahrzehnten auf diese
Art wieder abstottern.

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