Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Verfassungsrichter rügen informelle Prozessabsprachen Überfällig HUBERTUS GÄRTNER

Das zentrale Anliegen in einem Strafprozess ist
die Ermittlung der Wahrheit. Um sie herauszufinden, braucht es
Sorgfalt und Zeit. Nur wer diese aufbringt, kann ein faires,
rechtstaatliches Verfahren gewährleisten und ein gerechtes Urteil
fällen. Nun ist die deutsche Justiz in vielen Bereichen überlastet.
Es gibt Verfahren, vor allem solche aus dem Bereich der
Wirtschaftskriminalität, die sich ohne sogenannte Deals gar nicht
mehr bewältigen lassen. Der Gesetzgeber hat sie 2009 zur
Verfahrensvereinfachung zugelassen. Allein das war schon gewagt. Aber
es wurden immerhin einige Formvorschriften zur Bedingung gemacht.
Angeklagte dürfen nicht unter Druck gesetzt, Inhalte der Absprachen
sind zu protokollieren. Viele Gerichte hielten sich aber nicht daran.
Sie schlossen Deals informell ab. Deshalb war es nun überfällig, dass
Karlsruhe eine letzte Warnung ausgesprochen hat. Ein Strafprozess
muss nach strengen Regeln erfolgen. Er ist kein Kuhhandel. In einem
Gerichtssaal darf es nicht wie auf einem Basar zugehen. Richter,
Staatsanwälte und Verteidiger müssen dafür gemeinsam Sorge tragen.

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