Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Weiterer Terrorverdächtiger gefasst Immer noch sprachlos ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Die Neonazi-Mordbande wirft immer noch
unerträglich viele Fragen auf. Verfassungsschutz und
Bundeskriminalamt sind nicht in der Lage, die beiden wichtigsten zu
beantworten: Gibt es noch weitere Neonazis, die per Haftbefehl
gesucht werden, aber nicht aufgefunden werden können? War das
Mördertrio von Zwickau die einzige braune Terrorzelle im Untergrund?
Dass 16 Landesverfassungsschutzämter, ein Bundesverfassungsschutzamt,
16 Länderpolizeibehörden, die Bundespolizei und das Bundeskriminalamt
dazu rein gar nichts mitteilen können, macht sprachlos. Was ist los
in diesem Land? Gelten die Untaten von Neonazis als Kavaliersdelikte?
Als Dummejungenstreiche? Haben wir uns daran gewöhnt, dass es
sogenannte national befreite Zonen gibt? Dass Menschen mit dunkler
Hautfarbe und ausländischem Aussehen gewisse Stadtteile von Berlin
nach Einbruch der Dunkelheit nicht betreten sollten und ganze
Landstriche im Osten für diese Menschen tabu sind? Interessiert das
überhaupt jemanden? Aus den vielen Fragen schälen sich bislang nur
wenige Erkenntnisse heraus. Was immer die V-Leute in der NPD und den
Kameradschaften auch treiben mögen: Dass sie die Fakten ans
Tageslicht zerren, die der Staat unbedingt wissen müsste, kann
ernsthaft niemand behaupten. Deshalb darf ein NPD-Verbot an den
geheimen Informanten nicht scheitern. An einem Verbot der NPD geht
übrigens kein Weg vorbei. Denn in dem Unterstützerkreis der
Terrorzelle befinden sich etliche NPD-Mitglieder, so viel ist
immerhin jetzt schon klar. Bevor die SPD die Ablösung des
Innenministers Hans-Peter Friedrich fordert, wie gestern geschehen,
sollte Friedrich eine echte Chance bekommen, ein einwandfreies
NPD-Verbot durchzusetzen. Nur zur Erinnerung: Den ersten Anlauf hatte
2003 der SPD-Innenminister Otto Schily in den Sand gesetzt.

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