Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar zum Thema
Entschädigung für ehemalige Heimkinder
Schuld und Sühne
HUBERTUS GÄRTNER

Am morgigen Dienstag wird der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe eine Studie über die Heimerziehung in der
Nachkriegszeit vorlegen. Schon jetzt sickerte durch, dass die
Expertise zahlreiche Versäumnisse der Heimaufsicht zu Tage fördert.
Nicht einzelne, sondern alle Institutionen haben damals versagt.
Kinder, die eigentlich Schutz brauchten und Liebe benötigten, wurden
systematisch gebrochen. Sie wurden in den Heimen geprügelt,
missbraucht und gedemütigt. Sie waren – in kirchlichen wie weltlichen
Einrichtungen – einem unbarmherzigen System „schwarzer Pädagogik“
ausgesetzt. Dieses Unrecht, diese Schuld, kann niemand aus der Welt
schaffen. Auch es zu sühnen ist gar nicht so einfach. In juristischer
Hinsicht haben die Opfer von damals heute keine Chance. Ihre
zivilrechtlichen wie strafrechtlichen Ansprüche sind verjährt, weil
das Unrecht – paradoxerweise – in einem Rechtsstaat geschah. Deshalb
sind die Klagen, die der Verein ehemaliger Heimkinder nun ankündigt,
sinnlos. Sinnvoll war aber der runde Tisch. Dessen einstimmige
Vorschläge, die heute präsentiert werden, sind zumindest ein Versuch,
das Unrecht anzuerkennen und es zu sühnen. Über die Höhe der
Entschädigung lässt sich streiten. Aber sie kann ohnehin nicht mehr
als ein Symbol sein.

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