Neue Westfälische (Bielefeld): Suizidfälle in den Haftanstalten
Kaum vorhersehbar
HUBERTUS GÄRTNER

Wenn jemand freiwillig aus dem Leben scheidet,
dann legen sich auch die Medien aus Pietätsgründen in aller Regel bei
der Berichterstattung eine gewisse Zurückhaltung auf. In Bezug auf
den Suizid des Unternehmers Günter Benik muss aber eine Ausnahme
gelten. Der Windpionier war eine Person des öffentlichen Lebens. Er
war einer der Hauptsponsoren des Fußball-Zweitligisten SC Paderborn
und außerdem spektakulärer Steuerstraftaten in Millionenhöhe
verdächtig. Benik saß in Untersuchungshaft – und weil sein Tod in
einer Gefängniszelle stattgefunden hat, wirft er nun Fragen auf, die
die Öffentlichkeit stark interessieren. Haben die Beteiligten in dem
Fall alles getan, um einen Freitod zu verhindern? Gab es wirklich
keine Anzeichen für eine Selbstmordgefährdung, wie es die
Gefängnisleitung beteuert? Das muss geprüft werden. Tatsache ist
zweifellos, dass es immer noch zu viele Selbstmorde in den
Gefängnissen gibt. Allerdings verbieten sich vorschnelle
Schuldzuweisungen. Nicht jede Suizidhandlung ist vorhersehbar.
Abwegig und rechtlich nicht haltbar ist die Forderung, alle
Untersuchungshäftlinge, für die immer die Unschuldsvermutung gilt,
permanent und lückenlos per Video zu überwachen. Um die Suizidgefahr
zu bannen, würde es auch nicht reichen, ihnen den Hosengürtel oder
die Schnürsenkel abzunehmen. Sie hätten dann noch Steckdosen,
Rasierklingen oder das Essbesteck zur Verfügung, um aus dem Leben zu
scheiden.

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