Neues Deutschland: Die LINKE und die Wahlen: Selbsttäuschung

In Schleswig-Holstein den Wiedereinzug in den
Landtag klar verfehlt, in Thüringen erfolgreich bei den kommunalen
Stichwahlen in Landrats- und Bürgermeisterämter eingezogen: Reduziert
sich die LINKE nun doch auf eine Ostpartei? Kein Zweifel, die Zeichen
für die NRW-Wahl am nächsten Sonntag stehen für die Linkspartei arg
ungünstig, sie muss einen zweiten Rückschlag fürchten. Aber die
unterschiedlichen Trends des vergangenen Wochenendes sind zuallererst
einem unterschiedlichen politischen Umgang vor Ort geschuldet. In
Thüringen stimmte das Gemisch aus konkreter Interessenvertretung
(Politik für den Alltag), zukunftsweisender Phantasie (z.B. der
Masterplan für eine Energiewende) und einem überzeugenden
Personalangebot. In Schleswig-Holstein fehlte nicht nur von allem
manches, mit der plakativen Stigmatisierung der Piratenpartei als
Nazis zeigte die dortige LINKE in ihrem Wahlkampf zudem eine grobe
Unfähigkeit zu kluger Auseinandersetzung.

Den zentralen Grund für die Niederlage in Schleswig-Holstein hat
der Vorsitzende der LINKEN indes woanders ausgemacht: »Wir haben uns
viel zu sehr mit uns selbst beschäftigt«, meint Klaus Ernst.
Ähnliches schrieb er kürzlich auch auf seiner Internet-Seite: Die
LINKE habe mit ihren »permanenten Personaldebatten« den Aufstieg der
Piratenpartei befördert. Das ist, bezogen auf die Piraten, eine eitel
oberflächliche Sicht, und bezogen auf die eigene Partei eine
ritualisierte Selbsttäuschung. Abgesehen von der einen lauen Äußerung
hier und der anderen zarten Klage dort, führt die LINKE überhaupt
keine Personaldebatte, jedenfalls keine öffentlich vernehmbare. Seit
einem halben Jahr deckelt die Parteiführung diese, ruft ihre Warnung
dennoch heftig wiederholend in den leeren Raum. Dabei hätte der
erfolgreiche Programmparteitag der LINKEN im Oktober in Erfurt der
ideale Ausgangspunkt sein können, um unmittelbar danach die intern
wie extern wahrnehmbaren Mängel an ihrer Spitze offensiv (und
solidarisch) zu beheben. Und damit auch Gegenwind in die längst als
bedrohlich erkennbare Lage der Partei im Westen zu fächern. Das
Problem ist weniger, dass die LINKE sich übermäßig mit sich selbst
beschäftigt, sondern dass sie es ohne Vernunft und Zielstrebigkeit
tut. Statt ihre wunden Stellen zu kurieren, hat die Partei sich
bundespolitisch schon viel zu lange selbst gelähmt.

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