Neues Deutschland: Flughafen-Urteil: Un-Ruhe

»Die Nacht ist nicht allein zum Schlafen da« –
dieser alte Schlager dürfte für die Anwohner des neuen Flughafens
Schönefeld bald ziemlich makaber klingen. Seit gestern gilt per
Richterspruch, dass ihre Nachtruhe künftig auf fünf Stunden begrenzt
sein wird. In der Frage, ob das Schlafbedürfnis der Anwohner
wichtiger ist als die wirtschaftlichen Interessen der Region, haben
sich die Bundesrichter für die Wirtschaft entschieden. Dabei gab es
gerade in dieser Woche noch einmal Hoffnung, als Verwaltungsrichter
in Hessen dem Frankfurter Flughafen sechs Stunden Nachtruhe
verordneten. Und am Flughafen Tegel darf sogar sieben Sunden nicht
geflogen werden, ohne dass Tegel deshalb ein wirtschaftlicher Flop
wäre. Sieben Stunden Nachtruhe würde auch den Forderungen des
Bundesumweltamtes entsprechen.

Die nicht gerade menschenfreundliche Schönefelder
Nachtflugregelung haben aber nicht die Leipziger Richter zu
verantworten. Sie stoppten vielmehr schon 2006 den Wunsch der
Politik, hier rund um die Uhr zu fliegen. Gestern bestätigten sie
diese Entscheidung nur. Und sie zwangen das Land Brandenburg, den
Schallschutz zu verbessern. Ganz umsonst war also für die Bürger der
Gang vor Gericht nicht. Nicht mehr korrigieren konnten die Richter
allerdings die Wurzel allen Lärms: die falsche Standortentscheidung
für das dicht besiedelte Schönefelder Gebiet vor 15 Jahren.
Zehntausende Anwohner müssen das jetzt ausbaden. Auch wenn sie nicht
aufgeben und bis vor den Europäischen Menschenrechtshof ziehen wollen
– die Chancen stehen eher schlecht.

Pressekontakt:
Neues Deutschland
Redaktion

Telefon: 030/2978-1715