Neues Deutschland: Islam in Deutschland: Gefundenes Fressen

Unionspolitiker sind traditionsbewusste
Zeitgenossen. Sie sind konservativ und christlich. Genau das macht
sie so berechenbar. Gestern zeigte Volker Kauder, Fraktionschef der
Union im Bundestag, wieder einmal die Berechenbarkeit der Union. Oder
ihre Vorhersehbarkeit. Zwar haben sich Kauder und Co. widerwillig
damit abgefunden, dass Muslime in der Bundesrepublik heimisch
geworden sind. Doch zu Deutschland will man sie nicht gehören lassen.
Sie seien kein Teil der deutschen Tradition und Identität, erklärte
Kauder. Für Ewiggestrige, die noch immer von deutscher Leitkultur und
einer Überlegenheit gegenüber dem muslimischen Orient faseln, sind
diese Worte ein gefundenes Fressen. Schlagen sie doch wieder einmal
Pflöcke zwischen zwei Religionen, die Deutschland beide – die eine
länger als die andere – geprägt haben. Menschen werden so
auseinandergetrieben anstatt zusammengebracht. Der Islamkonferenz,
die die Integration der Muslime befördern soll, wird somit ein
Bärendienst erwiesen. Doch um Integration ging es gestern höchstens
am Rande. Vielmehr bestimmten einige Fanatiker das Geschehen.
Geschätzt wird, dass etwa 4000 Menschen in der Bundesrepublik der
salafistischen Bewegung zuzurechnen sind. Eine verschwindend geringe
Anzahl gegenüber den etwa vier Millionen in Deutschland lebenden
Muslimen. Die Aufregung um die Koran-Verteilung scheint deshalb
übertrieben und Ausdruck einer antimuslimischen Hysterie zu sein.

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