Neues Deutschland: Noch ein
 Versager – Kommentar zum NSU-Untersuchungsausschuss

Rainer Wendt, Chef der Deutschen
Polizeigewerkschaft, hat die Auflösung aller NSU-Landtagsausschüsse
gefordert. Die seien doch meist nur Ausdruck politischer Eitelkeiten.
Gestern regte jemand, der sich Tag für Tag im Wählerauftrag um die
Aufklärung dessen kümmert, was man gemeinhin als »Versagen der
Sicherheitsbehörden« bezeichnet, an, man möge dem »Gewerkschafter«
Wendt ein Grundgesetz schenken. Am besten ein bebildertes, damit der
den Inhalt auch erfasse.

Fast ein Jahr ist es her, dass der Begriff
»Nationalsozialistischer Untergrund« gleichsam Scham wie Wut
erzeugte. Zehn Menschen fielen rechtsextremistischer Mordlust zum
Opfer, weil niemand die Täter stoppte. Gründe dafür gibt es ebenso
viele wie verantwortliche Versager. Wendts Versuch, sich nachträglich
mit denen gemein zu machen, ist nicht nur peinlich, er ist schäbig.
So wie die Untätigkeit der Kanzlerin, die schonungslose Aufklärung
versprach und nun ihrem Innenminister und dessen Entourage nicht auf
die Füße treten mag, wenn die – was immer öfter geschieht – zum
Sturmlauf gegen parlamentarische Ermittler antreten. Was –
verhaltener kann man es nicht ausdrücken – einem Angriff auf die
Demokratie gleichkommt.

So ist es ein Glanzpunkt des Parlamentarismus, dass die Mitglieder
des Bundestagsausschusses und die in den Ländern es bisher nicht
zugelassen haben, dass Leute wie Wendt, Friedrich oder dessen neuer
Chefagent Maaßen einen politischen Keil in die Front der Aufklärer
treiben konnten.

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