Wolfgang Schäuble will das Volk abstimmen lassen –
über ein neues Grundgesetz, das den Erfordernissen der EU gerecht
wird. Sahra Wagenknecht will ebenfalls das Volk abstimmen lassen –
über den Fiskalpakt, der demnächst auf EU-Ebene gelten soll. Was sich
ähnlich anhört, ist doch grundverschieden. Die Entdeckung der
Volksdemokratie durch den konservativen Finanzminister Schäuble folgt
einem schlichten Kalkül: Er will im Interesse der Wirtschafts- und
Finanzmacht Deutschland dafür sorgen, dass in Euroland durchregiert
werden kann. Mehr Kompetenzen müssten nach Brüssel verlagert werden,
»ohne dass jeder Nationalstaat die Entscheidung blockieren kann«. Mit
anderen Worten: Die großen Euroländer, allen voran Deutschland, geben
die Richtung vor, die kleinen sollen gehorchen. Es lebe Kerneuropa.
Wie das gemeint ist, konnte man an den massiven Einmischung in
Griechenlands Wahlkampf und Regierungsbildung studieren. Die linke
Finanz- und Wirtschaftsexpertin Wagenknecht will das genaue
Gegenteil: Sie möchte dass, die Deutschen darüber befinden, ob ihr
Parlament sich selbst entmachten will – nichts anderes bedeutet
faktisch die Einführung der als Fiskalpakt bezeichneten EU-weiten
Schuldenbremse. Wer einmal sein Selbstbestimmungsrecht abgegeben hat,
sieht es so schnell nicht wieder – das spüren gerade die Länder und
Kommunen. Schäuble will letztlich weniger, Wagenknecht mehr
Demokratie. Das ist der Unterschied.
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