Neues Deutschland: zum Mauergedenken

Man kann es ihnen nicht recht machen. Den
Ewiggestrigen. Kaum war das offizielle Gedenken zum 13. August in der
Bernauer Straße in Berlin beendet, schimpfte eine ältere Dame: »Das
war die schlimmste Veranstaltung, die ich erlebt habe.« Ein Mann
wetterte: »Die Deutschen sind feige, krauchen vor den Kommunisten –
bis heute.« Eine andere Frau bestätigte: »Recht hat er.« Und dann:
»Ich schäme mich für meinen Bischof.« Um zu erfahren, wer sich
schämte, musste ich mich umdrehen – und erkannte Günter Nooke, einst
in der kirchlichen Friedensbewegung der DDR aktiv. Was hatte Bischof
Markus Dröge Gemeingefährliches gesagt? In allen Reden fielen die
gängigen Wiedererkennungsworte zur DDR: kommunistische
Gewaltherrschaft, Unrechtsstaat, menschenfeindliches Regime. Dröge
sagte aber auch: »Während wir der Berliner Mauer gedenken, dankbar,
dass sie gefallen ist, fordern andere Mauern ihre Opfer. Die Mauer
zwischen Israel und Palästina, die Grenzbefestigung zwischen den USA
und Mexiko, die Sicherungen der Außengrenzen Europas … Wir
schließen deshalb in unser Gedenken diejenigen ein, die heute zu
Maueropfern werden.« Nicht genug dieser in Augen Ewiggestriger
sträflichen Relativierung der Berliner Mauer – der Theologe
degradierte sie quasi zur Fußnote vieltausendjähriger Geschichte, als
er mit der Bibel ums Grundsätzliche in allen Zeiten und Systemen bat:
»Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit
Gutem.« Amen.

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