Neues Deutschland: zum OSZE-Gipfel in Astana

Vor dem OSZE-Gipfel konnte man gelegentlich den
Eindruck gewinnen, wichtigste Aufgabe des ersten Treffens der
Organisation auf höchster Ebene nach elf Jahren sei es, Gastgeber
Kasachstan unter Reformdruck zu setzen. Bei aller berechtigten Kritik
an den Zuständen in der zentralasiatischen Republik – genau diese
einseitige Instrumentalisierung wäre kontraproduktiv, will man das
56-Staaten-Gremium »wiederbeleben«, wie es gestern zur Eröffnung
hieß. Wenn das multilaterale Forum seine beste Zeit hinter sich habe,
wie Russlands Präsident Medwedjew formulierte, wenn klare Regeln
fehlen, die Arbeitsweise verstaubt ist, dann hat das einen einfachen
Grund: Die OSZE ist nur so gut, wie ihre Mitglieder es zulassen.
Dabei wäre viel möglich. Als in den 1990er Jahren die NATO auf dem
Balkan in den Krieg zog, um Konflikte auf ihre Art im Schlachtenlärm
zu lösen, hat die OSZE mit einem Bruchteil der so verpulverten Mittel
und »stiller Diplomatie« in Mittelost- und Südosteuropa vermittelt,
und im günstigsten Fall erwuchs aus konstruktivem Dialog Vertrauen
und Kooperation. Konfliktprävention ist allemal das
erfolgversprechendste friedenspolitische Instrument. Es war gestern
in Astana viel von der notwendigen Modernisierung der OSZE die Rede.
Sich auf den Namen der Organisation zu besinnen, wäre da schon ein
Anfang: Sicherheit und Zusammenarbeit sind zwei Seiten einer
Medaille.

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