Erler: „Fußballfans können guten Gewissens nach
Russland reisen“
Russlandbeauftragter der geschäftsführenden Bundesregierung sieht
Besuch der WM als Chance zum Dialog
Osnabrück. Nach Ansicht des Russlandbeauftragten der
geschäftsführenden Bundesregierung müssen Fans der deutschen
Fußballnationalmannschaft kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie in
Zeiten politischer Spannungen zur WM nach Russland fahren. Der „Neuen
Osnabrücker Zeitung“ (Samstag) sagte Gernot Erler (SPD) anlässlich
der WM-Auslosung: „Das sportliche Großereignis bietet die Chance,
Menschen im Sinne der Völkerverständigung zusammen zu bringen. Die
Fans sollten sich an Reisehinweise halten und dann die WM genießen.
Vor Ort müssen sie kein schlechtes Gewissen haben. Persönliche
Begegnungen sind unerlässlich, um auch unter schwierigen Umständen
eine Atmosphäre des Dialogs aufrecht zu erhalten.“ Zudem könnten die
Besucher aus dem Westen ein Gegengewicht bilden zur einseitigen
russischen Informationspolitik. „Viele Russen sind froh, mit
Besuchern ins Gespräch zu kommen und so Dinge zu erfahren, über die
sie im Land sonst wenig erfahren würden“, sagte Erler.
Der SPD-Politiker verwies auf die Doppelstrategie der deutschen
Russland-Politik. Einerseits gehe es darum, Moskau mit den
europäischen Sanktionen zur Einhaltung des Waffenstillstands in der
Ostukraine zu bewegen und das Minsker-Abkommen umzusetzen, sagte
Erler: „Andererseits müssen beide Seiten miteinander im Gespräch
bleiben. Wir wollen keine Isolierung Russlands. Ich plädiere deshalb
auch dafür, dass der Dialog im Nato-Russland-Rat wieder komplett
hergestellt wird.“ Dass von der WM ein „grundsätzliches politisches
Tauwetter“ ausgehen werde, glaubt Erler nicht.
Im März sind Präsidentschaftswahlen in Russland. „Ich gehe davon
aus, dass Wladimir Putin seine erneute Kandidatur bekanntgeben wird.
Alles andere wäre eine außerordentliche Überraschung. Deshalb wird
wohl auch Putin die WM mit großer Wahrscheinlichkeit eröffnen“, sagte
Erler. Als Wirtschaftsfaktor spiele die WM nur eine untergeordnete
Rolle. „Die wirtschaftliche Lage in Russland hat sich infolge des
steigenden Ölpreises konsolidiert. In diesem Jahr wird es ein
leichtes Wachstum geben, das 2018 wohl noch einmal zulegen wird.“
Auch der Handel zwischen Deutschland und Russland belebt sich wieder.
„In diesem Jahr wird das Volumen um rund 30 Prozent wachsen“, sagte
Erler. 2013 lag das Volumen bei rund 80 Milliarden Euro und
reduzierte sich dann um 40 Prozent auf zuletzt 48 Milliarden Euro.
Auf die Frage, ob Bundespräsident und Bundeskanzlerin an einem
möglichen Endspiel Deutschlands in Moskau teilnehmen sollten, sagte
Erler: „Bis dahin kann noch so viel passieren. Darüber möchte ich
nicht spekulieren. Jetzt muss unserer Nationalmannschaft erst einmal
zeigen, was sie kann.“
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