NRZ: Gutachten ohne Sensation – Kommentar von Michael Minholz

Wie lange haben Sie heute im Stau gestanden? Waren
es nur zehn Minuten; mussten Sie sich eine halbe Stunde gedulden? Wer
mit dem Auto durch NRW pendelt, erfährt buchstäblich täglich, wie
nervig es ist, fast immer an den gleichen Streckenabschnitten auf die
Bremse treten zu müssen. Zurzeit ist es ja noch vergleichsweise ruhig
auf den Straßen. Wir erinnern uns an die Horrormonate November und
Dezember, in denen sich die Staus auf den Autobahnen zwischen Münster
und Meckenheim auf über 300 Kilometer summierten.

Der ADAC nennt die Lage in NRW dramatisch. Es gab mehr als 57.000
Staumeldungen im vergangenen Jahr mit einer Länge von insgesamt
135.000 Kilometern. Und künftig wird sicher deutlich mehr Verkehr
durch die Region Rhein-Ruhr schwappen. Insofern ist jede Initiative
gut, die Bewegung in den Stillstand bringt. Verkehrsminister
Voigtsberger hat versprochen, „Engpässe und Knoten kurzfristig zu
optimieren“. Wer die Verkehrspolitik an Rhein und Ruhr länger
beobachtet, wird jedoch den Verdacht nicht los, derlei Ankündigungen
schon öfter gehört zu haben.

Das Staugutachten birgt zudem keineswegs Sensationen. Dass das
Autobahnkreuz Breitscheid oder die A 40 stauanfällig sind, dürfte
jedem Leidenden am Lenkrad offensichtlich sein. Dass es oft vor
Baustellen stockt und deren Management verbessert werden muss – so
so… Und den Seitenstreifen freizugeben ist als Lösungsvorschlag so
neu auch nicht.

Immerhin hat Voigtsberger mit dem Gutachten den Fokus auf den
Mobilitätsgipfel gelenkt, an dem am Montag Fachleute aus
verschiedenen Disziplinen über Lösungen der Verkehrsprobleme sprechen
wollen. Man wünscht sich, dass hier Querdenker zu Wort kommen, dass
unkonventionelle Lösungsvorschläge erwünscht sind. Das Rad neu
erfinden werden aber auch sie nicht.

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