Oberhessische Presse: Deckelung von Managergehältern / Kommentar von Carsten Beckmann

Dass sich im Wahljahr 2013 die deutsche
Parteienlandschaft auf das Thema der Managergehälter stürzen würde,
war unmittelbar nach dem Ausgang der Schweizer Volksabstimmung über
die „Abzocker-Initiative“ absehbar. Die SPD konnte gestern früh kurz
das Erstgeburtsrecht auf das Thema für sich beanspruchen, nachdem
Fraktionsvize Joachim Poß als sozialdemokratische Marschlinie die
gesetzliche Begrenzung von Vorstandsgehältern sowie eine Begrenzung
der steuerlichen Absetzbarkeit von Managerbezügen ausgegeben hatte.
Union und FDP dagegen wollen lieber die Aktionäre entscheiden lassen,
wie viel ihnen die Arbeit in den Chefetagen jener Unternehmen wert
ist, die sie mit ihrem Kapital unterstützen. Nicht überraschend, dass
Schwarz-Gelb in der Stärkung der Aktionärs-Demokratie den Königsweg
sieht, ebenso einleuchtend, dass die Sozialdemokraten genau in den
Rendite-Erwartungen der Aktienbesitzer eine Gefahr sehen.
Reflexartige Verlautbarungen also am Tag eins nach der Schweizer
Volksentscheidung, nicht mehr, nicht weniger. Da reiht sich die Linke
mit ihrem spontan angestimmten General-Lamento von der Gier der
Manager-Kaste ebenso ein wie die Grünen, die nach strengeren Regeln
rufen, ohne genau zu erklären, was sie damit letztlich meinen. In der
Summe gab es gestern nicht eine politische Kraft im Lande, die mehr
zu tun bereit war, als auf den flott rollenden Zug der
eidgenössischen Stimmungsdemokratie aufzuspringen und daraus ein
wenig Honig für den Wahlkampf zu saugen. Was voraussichtlich in
Deutschland in den kommenden Wochen in Sachen Kontrolle von
Managerbezügen geschehen wird, dürfte sich erschöpfen in einer
erneuten Überprüfung des Aktionärsrechts durch die
Regierungskommission für gute Unternehmensführung. „Gesehen und für
gut befunden“ dürfte das Fazit dieser Expertenrunde lauten, an deren
Spitze Commerzbank-Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller sitzt. Der
bereicherte die Debatte gestern mit der mehr oder weniger pauschalen
Zusicherung, es gebe kaum Nachbesserungsbedarf im deutschen
Vergütungssystem und alles sei gut, solange nur die Aufsichtsräte
über die Bezüge der Topmanager wachen und nicht die lästigen
Aktionäre. Es ist angesichts derartiger Einlassungen nicht allzu
unwahrscheinlich, dass Müllers Kommissionskollegen –
Wirtschaftswissenschaftler, Topmanager, Gewerkschaftsfunktionäre,
Aktionärs-Lobbyisten und Banker – zu ähnlichen Einsichten gelangen
werden. Na also, geht doch, können wir ironisch konstatieren, wenn
die „Corporate Governance“-Gruppe ihre – rechtlich unverbindlichen –
Vorschläge präsentiert: Warum erst umständlich ein ganzes Volk nach
seiner unmaßgeblichen Meinung fragen, wenn–s auch eine Handvoll
ausgewiesener Fachleute tut?

Pressekontakt:
Oberhessische Presse
Anja Luckas
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