OV: Aufstieg und Fall der ersten „vierten Kraft“
Von Cornelius Riewerts

Vor 50 Jahren, am 15. April 1961, erlosch die
Deutsche Partei (DP), die im Nachkriegsdeutschland und in den frühen
Jahren der Bundesrepublik eine bedeutende Rolle gespielt hatte. Dabei
sollte dieser Tag einen Aufbruch zu neuen Ufern markieren, denn auf
der Tagesordnung stand die Fusion der DP mit der Vertriebenenpartei
GB/BHE zur Gesamtdeutschen Partei (GDP). Diese erfolgte auch und mit
der Wahl des eloquenten DP-Bundestagsabgeordneten Herbert
Schneider-Bremerhaven zum Bundesvorsitzenden der neuen Partei schien
eine tragfähige Basis für einen Neubeginn gelegt.

Das schien indessen nur so. Schon im Herbst 1961 bei der
Bundestagswahl kam das Aus. Die GDP scheiterte an der
Fünf-Prozentklausel des Wahlgesetzes und war damit von der
politischen Bildfläche verschwunden. Damit hatten die Skeptiker vor
allem in den Reihen der DP Recht behalten. Nach einem gewaltigen
Aderlass 1960 waren neun der 15 DP-Bundestagsabgeordneten zur CDU
übergetreten, darunter ihre beiden Bundesminister Hans-Joachim von
Merkatz und Hans-Christoph Seebohm. Um den Parteichef Heinrich
Hellwege wurde es einsam und auch seine große Autorität hatte nicht
ausgereicht, die tiefen Gräben innerhalb der Partei zu begradigen.

Unter dem Namen Niedersächsische Landespartei (NLP) wurde die DHP
1945 gegründet. Ihr Vorsitzender wurde der 35-jährige selbstständige
Kaufmann Heinrich Hellwege aus Neuenkirchen im Alten Land. Die ersten
Wahlerfolge der Partei strahlten ab auf die norddeutschen
Nachbarländer Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein, wo sich bald
Landesverbände der inzwischen in DP umbenannten Partei etablierten.
Als schweres Handicap sollte sich für die DP der Umstand erweisen,
dass sie einerseits über eine welfisch-nationale
Kern-Mitgliederschaft in Niedersachsen verfügte und andererseits
schon auf Grund ihres Namens eine starke Anziehungskraft auf weit
rechts stehende und ehemals nationalsozialistische Wählerschichten
ausübte. Zeit ihrer Existenz litt die DP unter den hieraus
resultierenden Spannungen, obwohl die Partei unter Hellwege einen
zweifelsfrei demokratischen Kurs steuerte. Zur ersten Bundestagswahl
trat die DP in den vier norddeutschen Ländern an.

Bundesweit erreichte sie genau vier Prozent der Stimmen, zog aber
mit 17 Sitzen ins Bonner Parlament ein. Das damalige Wahlrecht kannte
die 5-Prozentklausel nur auf Landesebene. Konrad Adenauer hatte die
DP von vornherein als dritten Partner seiner Regierung ausersehen und
er brauchte deren 17 Stimmen auch exakt für die Kanzlermehrheit. Zwei
Minister berief Adenauer in sein erstes Kabinett: Heinrich Hellwege
als Bundesratsminister und Hans-Christoph Seebohm in das
Verkehrsministerium. Bei der Landtagswahl in Niedersachsen 1955
hatten sich CDU und DP auf Hellwege als gemeinsamen
Ministerpräsidenten-Kandidaten geeinigt. Dieses Wahlziel wurde auch
erreicht.

Vier Jahre war Hellwege Ministerpräsident. Die Wahl Hellweges
markierte den Höhepunkt der kurzen DP-Geschichte, konnte aber den
Abstieg der „vierten Partei“ nicht einmal hinauszögern. Die gegen
Hellweges Willen beschlossene Fusion mit dem BHE zur GDP wurde in
einigen niedersächsischen Kreisen und im Landesverband Bremen nicht
vollzogen. Ansonsten kümmerten die niedersächsischen Reste der DP als
welfisch-hannoversche Folkloregruppen vor sich hin. Bis in die frühen
neunziger Jahre gab es wiederholte und gescheiterte Versuche, aus den
Resten der DP und anderen kleinen Rechtsparteien eine
nationalkonservative Partei zu schmieden.

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