„Report Mainz“, heute, 29. Mai 2012, 21.45 Uhr im Ersten/ 200.000 Hartz-IV-Empfängern wurde 2011 der Strom abgestellt / Arbeitslosengeld II reicht nicht für gestiegene Stromkosten

Menschen, die von Arbeitslosengeld II leben, können
immer häufiger ihre Stromrechnungen nicht mehr bezahlen. Deshalb
haben die Energieversorger im vergangenen Jahr rund 200.000
Hartz-IV-Empfängern den Strom gesperrt. Das berichtet das
ARD-Politikmagazin „Report Mainz“ in seiner heutigen Ausgabe. Das
Magazin beruft sich dabei auf neue Untersuchungen und Schätzungen des
Paritätischen Gesamtverbands. Die Analyse „Regelsatz und Strompreis“
vergleicht die Entwicklung von Arbeitslosengeld II und Energiekosten
und wird auf reportmainz.de exklusiv veröffentlicht. Ulrich
Schneider, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands
erklärt in „Report Mainz“: „Wir haben mittlerweile eine Unterdeckung,
die kann im Jahr bei einem Vier-Personenhaushalt bis zu 150 Euro
betragen. Das Geld haben die Menschen nicht.“

Das Bundessozialministerium dagegen betont, die
Strompreiserhöhungen seien bei der Berechnung des aktuellen
Regelsatzes berücksichtigt worden. Eine Sprecherin antwortete auf
Anfrage von „Report Mainz“: „Der Regelsatz wird als pauschalierte
Leistung ausgezahlt, so dass es jedem einzelnen überlassen bleibt,
wie und wofür er sein Budget ausgibt.“

Dem widerspricht Ulrich Schneider. Der Stromanteil im
Arbeitslosengeld II sei für die stark gestiegenen Energiekosten viel
zu gering bemessen: „Wir haben bei den Energiesätzen eine
Nachbesserung von drei bis vier Prozent. Tatsächlich sind die Kosten
aber um 20 Prozent gestiegen. Das heißt, die Nachbesserungen, mit
denen sich hier die Bundesregierung herausredet, decken den Bedarf in
keinster Weise. Die Menschen werden in die Armut, in die Energiearmut
getrieben.“

Nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung
(IAB) konnten schon im Jahr 2010 rund 156.000 Hartz-IV-Haushalte aus
finanziellen Gründen ihre Gas-, Wasser- und Stromrechnung nicht immer
pünktlich bezahlen. Nach Angaben von Ulrich Schneider vergeben die
Jobcenter und ARGEN zu selten Darlehen an Hartz-IV-Empfänger, um
Stromschulden zu begleichen und damit eine Stromsperre zu vermeiden:
„Das wird sehr restriktiv nur gewährt, also in den wenigsten Fällen.
Wenn es dann aber dazu kommt, dann muss ein Betrag von vielleicht
einigen hundert Euro noch von diesem kleinen Regelsatz zurückbezahlt
werden, in monatlichen Raten. Die Menschen landen in der
Schuldenfalle. Die Menschen landen in der Verzweiflung.“

Schuldnerberatungsstellen von Caritas und Diakonie haben „Report
Mainz“ gegenüber bestätigt, dass viele Menschen, die von
Arbeitslosengeld II leben, von hohen Nachforderungen der
Energieversorgungsunternehmen überrascht werden und nicht dazu in der
Lage sind, ihre Jahresendabrechnungen in der vorgeschriebenen Frist
zu begleichen. Auch Geringverdiener, einkommensschwache Rentner sowie
Studenten könnten sich Strom nicht mehr so wie bisher leisten.

Weitere exklusive Informationen finden Sie auf reportmainz.de.

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