„Report Mainz“-Umfrage: Nur acht von 30 Dax-Unternehmen haben klare Betriebsvereinbarung zu sexueller Belästigung

Nur sehr wenige Frauen beschweren sich in ihren
Unternehmen offiziell über sexuelle Belästigungen. Das ergab eine
Umfrage des ARD-Politikmagazins „Report Mainz“ unter den 30
DAX-Unternehmen: Gerade einmal elf Belästigungsfälle aus den
vergangenen zwei Jahren gaben die befragten Unternehmen insgesamt an.

„Viele Frauen melden sich nicht, weil sie Repressalien befürchten,
wenn sie sexuelle Belästigung in ihrem Betrieb zur Anzeige bringen“,
sagt Elke Hannack, DGB-Vorstandsfrau gegenüber dem
ARD-Politikmagazin. Eine wichtige Voraussetzung für Frauen, Vertrauen
in ihren Arbeitgeber zu fassen, seien klare Betriebsvereinbarungen zu
sexueller Belästigung. Solche Vereinbarungen zwischen
Geschäftsleitung und Betriebsrat regeln verbindlich, was passiert,
wenn sich jemand belästigt fühlt, regeln, wie Täter sanktioniert
werden können und welche Hilfspakete es etwa für Opfer gibt.

„Eine Betriebsvereinbarung schafft überhaupt erst die
Voraussetzung dafür, dass Betroffene sich trauen können, mit ihrem
Anliegen auch zum Arbeitgeber zu gehen“, erklärt Elke Hannack im
Interview mit dem ARD-Politikmagazin. Tatsächlich haben aber nur acht
der 30 der von „Report Mainz“ befragten DAX-Unternehmen eine
Betriebsvereinbarung zu sexueller Belästigung, die die Abläufe klar
regelt. „Die Mehrzahl der Unternehmen tabuisiert das Thema sexuelle
Belästigung“, erklärt die Antidiskriminierungsbeauftragte des Bundes,
Christine Lüders, gegenüber „Report Mainz“. Dabei hätten Beschäftigte
ein Recht auf einen diskriminierungsfreien Arbeitsplatz. „Die
Unternehmen müssen die Opfer schützen und nicht die Täter, wie es in
der Praxis häufig vorkommt.“

Die Berliner Charité etwa hat mit einer Betriebsvereinbarung zur
sexuellen Belästigung positive Erfahrungen gemacht: „Das hat auch
dazu geführt, dass sich mehr Beschäftigte trauen, darüber zu sprechen
und in die Beratung zu kommen“, sagt Christine Kurmeyer, die
Gleichstellungsbeauftragte der Charité. Es gebe nun Vertrauen, dass
das Thema vom Arbeitgeber ernst genommen werde und ein sachlicher
Umgang damit erfolge, erzählt Kurmeyer. Das ermutige Betroffene, sich
zu melden.

Die Charité hatte eine Umfrage unter ihren 17.000 Beschäftigten
gemacht: Mehr als 70 Prozent gaben an, schon einmal sexuelle
Belästigungen erlebt zu haben. Dieses Ergebnis hatte die
Geschäftsleitung überzeugt, das Thema offensiver und transparenter
anzugehen. Tatsächlich gibt es viel mehr Betroffene als gemeldete
Fälle: Das ist das Ergebnis einer Umfrage der
Antidiskriminierungsstelle des Bundes. Danach geben mehr als die
Hälfte aller Beschäftigten an, am Arbeitsplatz schon einmal sexuell
belästigt worden zu sein.

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Bei Fragen wenden Sie sich bitte an „Report Mainz“, Tel. 06131 929
33351 oder -33352.

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