Ein Kommentar von Godehard Uhlemann:
Hosni Mubarak ist endlich zurückgetreten. Er hat damit seinem Land
einen großen Dienst erwiesen und den Ägyptern das Tor zu einer
besseren Zukunft geöffnet. Der Präsident beugte sich am Ende dem
Druck der Menschen, die seine 30-jährige autoritäre Herrschaft ohne
Ansätze einer wirklichen Opposition satt waren. Die Ära Mubarak war
innenpolitisch geprägt von politischer Verfolgung, Folter, schlechten
wirtschaftlichen Perspektiven für die Mehrheit der Ägypter. Der
Abgang Mubaraks ist ein historisches Ereignis. Die Erschütterungen
dieses politischen Bebens am Nil werden die gesamte Region erfassen.
Sie werden all denen in der islamischen Welt Auftrieb geben, die auf
mehr Freiheit und Selbstbestimmtheit setzen. Sie sind ein Warnsignal
für all die feudalen Herrscher und Despoten, die ihren Bürgern die
Freiheiten vorenthalten, die sie selbstherrlich für sich
beanspruchen. In Zeiten modernster Informationstechnologien lassen
sich die Blicke der Menschen im Nahen und Mittleren Osten über ihre
Landesgrenzen hinaus in lebenslohnende Gefilde nicht dauerhaft
unterbinden. Daraus resultiert die Kraft für Veränderungen und die
Angst der Autokraten vor jeglichem Wandel. Ägypten kann nun Vorbild
werden. Der Träger der ägyptischen Revolution war vor allem die
Jugend, die sich um ihre Entwicklungschancen betrogen fühlte. Sie hat
mit ihrem friedlichen Freiheitskampf Reife bewiesen. Ihre Forderung
nach dem Rücktritt von Mubarak als Voraussetzung für einen Neuanfang
wurde nach 18 Tagen Dauerprotest erfüllt. Wenn der Wandel von Politik
und Gesellschaft aber gelingen soll, muss der Elan der
Freiheitsbewegung jetzt weiter wirken. Das neue Ägypten wird erst
dann Wirklichkeit, wenn die verfestigten Strukturen der
Mubarak-Herrschaft nachhaltig aufgebrochen sind. Mubarak hat die
Macht auf die Militärs übertragen. Damit ist der Wandel am Nil noch
mit Risiken befrachtet. Die Generalität hat nicht geputscht. Das
nimmt ihr das Stigma des Illegalen. Sie muss aber nun Wort halten und
die versprochenen Wahlen im September auch durchführen. Alles andere
wäre Betrug am Bürger. Außenpolitisch sorgt der Machtübergang auf die
Militärs erst einmal für Kontinuität. Er öffnet den Radikalen nicht
Tür und Tor für ihre ideologischen Feldzüge, er hält sie in Schach.
Die Opposition muss sich nun aber schnell sortieren. Sie muss
unbelastete Politiker und überzeugende Persönlichkeiten finden, die
eine künftige offene ägyptische Zivilgesellschaft formen können. Die
Rolle des Westens im ägyptischen Drama war nicht sonderlich
inspirierend. In Washington, Brüssel oder Jerusalem kann man vorerst
aufatmen, weil Ägypten nicht in einem unkalkulierbaren Machtvakuum
versunken ist. Ägyptens Generalität wurde in den USA geschult und
unterhält enge Beziehungen dorthin. Sie sollte demokratische Werte
kennen.
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