Ein Kommentar von Matthias Beermann:
Dieser Mann hat der italienischen Justiz schon so häufig ein
Schnippchen geschlagen, dass man es kaum glauben mag: Silvio
Berlusconi wird der Prozess gemacht. Bisher ging es in seinen
Scharmützeln mit Staatsanwälten und Richtern stets um Korruption oder
Steuerhinterziehung, mit anderen Worten: um italienische
Kavaliersdelikte. Aber diesmal haben die Vorwürfe eine andere
Qualität, das weiß auch Berlusconi. Wegen Förderung der Prostitution
Minderjähriger und Amtsmissbrauchs kommt er vor Gericht, als
amtierender Regierungschef eines europäischen Landes – eine Premiere.
Berlusconi, das hat er schon angekündigt, wird nicht zurücktreten,
bevor er nicht auch die letzte Berufungsinstanz ausgeschöpft hat. Das
ist sein gutes Recht, und das entspricht seinem Selbstverständnis als
ewiges Opfer einer parteipolitisch instrumentalisierten Justiz. Aber
auch wenn die strafrechtliche Bewertung seiner schmuddeligen Affären
noch aussteht, so scheint das moralische Urteil doch längst gefällt.
Lange haben viele Italiener dem Treiben ihres Premiers amüsiert und
mit augenzwinkernder Nachsicht zugeschaut. Zuletzt aber wandten sich
immer mehr angewidert ab von dem Spektakel, das Italien zum Gespött
der Welt gemacht hat.
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