Ein Kommentar von Jürgen Stock:
Duisburgs Oberbürgermeister Adolf Sauerland hat nach der
Katastrophe der Loveparade schon früher sein Bedauern über eigene
Fehlleistungen ausgesprochen. Zu einer Übernahme der moralischen
Verantwortung hat er sich jedoch erst gestern, kurz vor dem Jahrestag
des Unglücks, durchringen können. Konsequenzen zieht Sauerland nicht.
Was noch vor wenigen Monaten ein Befreiungsschlag in eigener Sache
hätte werden können, wurde gestern zu einem PR-Auftritt mit
Beigeschmack. Noch am selben Morgen hat er in dieser Zeitung lesen
können, welche haarsträubende Versäumnisse sich die Mitarbeiter der
von ihm geführten Stadtverwaltung haben vorwerfen lassen müssen. Dazu
kam von Sauerland gestern nur ein lapidarer Satz: „Es gilt die
Unschuldsvermutung.“ Inzwischen geht es jedoch nicht mehr allein um
moralische oder juristische Verantwortung. Dafür hat Sauerland den
Zeitpunkt verpasst. Es geht um Politik. Die SPD wittert die Chance,
den Oberbürgermeisterposten in einer wichtigen Großstadt
zurückzuerobern. Dafür ließ sie sogar die Gemeindeordnung ändern. Im
laufenden Abwahlverfahren muss Sauerland versuchen, Stimmung für sich
zu machen. Selbst wenn er es – wofür einiges spricht – ehrlich meint:
Eine Entschuldigung wirkt in dieser Situation wie ein taktischer
Winkelzug.
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