„Soziale Falle“ Von Alexander R. Wenisch Wer
einmal aus sozialer Überzeugung den Pflegeberuf erlernt hat, ist
längst auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Im Krankenhaus wird
mit extrem spitzem Stift gerechnet. Das merkt das Personal auf den
Stationen längst. Die Teams sind ausgedünnt und die Alltagsbelastung
– als Organisationstalent zwischen Kranken und Ärzten – ist hoch.
Viele ziehen die Konsequenz und verabschieden sich aus dem Job, in
dem das Zwischenmenschliche immer wieder auf der Strecke bleiben
muss. Für eine alternde Gesellschaft ist es ein Warnsignal, dass
gerade die Engagierten und Motivierten ausgebrannt das Handtuch
werfen. Dass sich Verdi nun für die Belange der Pflegekräfte stark
machen will, ist nur richtig. Allein: Wie weit die Gewerkschaft mit
der Initiative für bessere Arbeitsbedingungen auf den Stationen
kommt, hängt vor allem von der Krampfbereitschaft der Schwestern und
Pfleger ab. Die Klinikärzte haben es da grundsätzlich einfacher – und
sind mit ihren Streiks auch oft erfolgreich, weil weniger dringende
Operationen und Untersuchungen einfach verschoben werden können.
Pfleger müssten für einen Streik Patienten auf Station ohne Betreuung
liegen lassen – was moralisch und arbeitsrechtlich unmöglich ist. Die
Berufsgruppe steckt in einer „sozialen Falle“ – aus der sie sich
nicht selbst befreien kann.
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