RNZ: Teurer Proporz – Kommentar zum Bundestagspräsidium

Von Christian Altmeier

Die sich anbahnende Große Koalition kann mit ihrer übergroßen
Mehrheit die Regeln im Bundestag praktisch nach Belieben bestimmen –
und sollte gerade deshalb besonders sensibel vorgehen. Doch entgegen
der vollmundigen Ankündigungen, die Minderheitenrechte stärken zu
wollen, startet bereits die erste Sitzung des Parlaments heute mit
einer Machtdemonstration. Entgegen den Gepflogenheiten, dass jede
Partei einen Vizepräsidenten stellt, genehmigen sich CDU und SPD
diesmal gleich zwei. Die Begründung, dass die Arbeitsbelastung
steigt, weil der bisher von der FDP benannte Stellvertreter wegfällt,
ist fadenscheinig. Schließlich gab es früher Parlamente mit nur drei
Fraktionen. Und viel haben die Vizepräsidenten ohnehin nicht zu tun.
Nein, hier geht es um den Machtproporz. Da die SPD in einem Bündnis
mit der Union auf Augenhöhe besteht, will sie sich nicht mit einem
Stellvertreter begnügen – während CDU und CSU den Präsidenten und
zwei Vizepräsidenten stellen. Wie lässt sich dieses Problem lösen?
Indem auf Kosten des Steuerzahlers solange neue Posten geschaffen
werden, bis beide Seiten zufrieden sind. Ein Vorgang, der Übles für
die Koalitionsverhandlungen befürchten lässt: Schwarz-Rot könnte
nicht nur mächtig werden – sondern auch mächtig teuer.

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