ROG kritisiert Feindseligkeiten und Gewalt gegen Journalisten in Pakistan

Reporter ohne Grenzen (ROG) ist beunruhigt über die
Häufung von Feindseligkeiten gegen Journalisten im Zuge der
politischen Krise in Pakistan. Zuletzt haben regierungskritische
Demonstranten den Sitz des Staatsfernsehens PTV gestürmt und den
Sendebetrieb zeitweise unterbrochen. Studios des privaten
Fernsehsenders Geo TV werden seit Wochen von Anhängern des
Oppositionspolitikers Imran Khan belagert. In der Provinzhauptstadt
Quetta erschossen Unbekannte unterdessen drei Mitarbeiter einer
Nachrichtenagentur.

„Journalisten und Medien dürfen nicht in die politische Krise in
Pakistan hineingezogen werden. Die aktuelle Welle von Angriffen und
Einschüchterungsversuchen ist ein völlig inakzeptabler Versuch der
Zensur“, sagte ROG-Geschäftsführer Christian Mihr.
„Sicherheitskräfte, Regierung und Spitzenpolitiker stehen in der
Pflicht, die Sicherheit von Journalisten zu garantieren und eine
ungehinderte Berichterstattung zu ermöglichen.“

In Islamabad stürmten am Montag Hunderte regierungskritische
Demonstranten die Gebäude des staatlichen Fernsehsenders PTV. Nach
Regierungsangaben nahmen sie die Angestellten als Geiseln. Die
Eindringlinge beschädigten Autos auf den Parkplätzen des Senders und
zerschnitten Kabel in den Redaktionsräumen. Der Sendebetrieb wurde
für rund 40 Minuten eingestellt, bevor Soldaten die Demonstranten aus
dem Gebäude vertrieben.

Bei Straßenschlachten zwischen Regierungsgegnern und Polizei
sollen am vergangenen Wochenende im Regierungsviertel von Islamabad
Journalisten von Polizisten angegriffen und verletzt worden sein.
(http://bit.ly/1nRrhOG) Hintergrund sind die seit Mitte August
andauernden, von dem Oppositionspolitiker Imran Khan und dem
Geistlichen Tahirul Qadri angeführten Proteste gegen Premierminister
Nawaz Sharif.

Khan agitiert regelmäßig gegen die Independent Media Corporation,
zu der neben der Zeitungsgruppe Jang auch Geo TV gehört, der bis vor
Kurzem populärste Fernsehsender des Landes. Khan wirft dem Sender
vor, in angebliche Manipulationen der Parlamentswahl im vergangenen
Jahr verwickelt zu sein. Die Straßen vor den Studios des Senders in
Islamabad werden seit Wochen von Anhängern des Politikers belagert.
Manche Politiker sollen bereits Auftritte bei Geo TV abgelehnt haben,
weil sie um ihre Sicherheit fürchteten. (http://bit.ly/1tqclhC)

Auch Armee und Behörden bedrängen Geo TV seit Monaten. Im Juni
hatte die Rundfunkaufsicht PEMRA den Betrieb des Senders für 15 Tage
verboten. Damit bestrafte sie ihn für die Ausstrahlung unbelegter
Anschuldigungen, der mächtige Geheimdienst ISI sei für einen Anschlag
verantwortlich, bei dem der prominente Talkshow-Moderator Hamid Mir
am 19. April schwer verletzt wurde. Inzwischen kämpft Geo TV um sein
Überleben, weil sich Kabelnetzbetreiber und Werbekunden offenbar
unter politischem Druck reihenweise von dem Sender abwenden. Daneben
kam es Angriffen und Drohungen gegen Kabelnetzbetreiber, die Geo TV
verbreiten. (http://bit.ly/1urrImU)

BEWAFFNETE STÜRMEN AGENTUR-REDAKTION IN QUETTA

Bei dem Anschlag in Quetta stürmten am vergangenen Donnerstag zwei
Bewaffnete das Büro der Nachrichtenagentur Online International News
Network und schossen um sich. Dabei töteten sie den Büroleiter Irshad
Mastoi, den Volontär Abdul Rasool und den Buchhalter Muhammad Yunas.
Mastoi war zugleich Generalsekretär der größten
Journalistengewerkschaft in der Provinz Belutschistan und hatte seit
längerem über Druck sowohl von Rebellen als auch vom Geheimdienst
geklagt. In Belutschistan sind Kämpfe zwischen Rebellen und Armee an
der Tagesordnung. Die Provinz gehört zu den gefährlichsten
Arbeitsorten weltweit für Journalisten.

Pakistan steht auf Platz 158 von 180 Ländern in der ROG-Rangliste
der Pressefreiheit. 2013 wurden dort mindestens sieben Journalisten
wegen ihrer Arbeit getötet, 2014 vor dem jüngsten Anschlag schon drei
Medienmitarbeiter. Damit gehört das Land zu den gefährlichsten Orten
weltweit für Journalisten
(www.reporter-ohne-grenzen.de/laender/jahresbilanz/).

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