Der Irak taumelt. Terroristen schießen das
Zweistromland in die größte Krise seit dem Sturz des Diktators Saddam
Hussein vor mehr als zehn Jahren. Wenn der Irak zerfällt, wenn
amerikanische, türkische und iranische Militärs sich aktiv
einmischen, wenn dann noch Israel Jagdbomber schickt, könnte es einen
Flächenbrand geben, der nicht nur enorme wirtschaftliche
Möglichkeiten vernichtet, sondern außerdem riesige Flüchtlingsströme
auslöst.
Es ist obendrein von nationaler Tragik, wie ein Land mit einer
hochstehenden Kultur – Babylon, das Symphonieorchester von Bagdad,
die Sumpfaraber am Tigris – in den Abgrund stürzt. Mehr als 100 000
Zivilisten sind seit dem Ende der Diktatur im Irak ums Leben
gekommen.
Es war Saddam Hussein, der seine brutale Herrschaft über 24 Jahre
immer damit begründet hat, dass die Menschen im Irak nur mit Härte in
eine Nation geformt werden könnten. Der Vormarsch der Aufständischen
von Isis, dem Islamischen Staat im Irak und in Syrien, könnte so
wirken, als habe der Potentat recht gehabt. Doch in Wahrheit hatte
der Irak nie Zeit, sich an die neuen Freiheiten zu gewöhnen.
Das offizielle Leitmotiv für die amerikanische Intervention im
Jahr 2003 waren das Ende der Diktatur Saddams und die Segnungen der
Demokratie für über 30 Millionen Menschen an Euphrat und Tigris.
Niemand bestreitet, dass der Sturz des Diktators damals dem Land
gutgetan hat. Doch die Demokratie nach amerikanischer Lesart hat den
Irakern lediglich die blutige Rache der ehedem Unterdrückten
beschert.
Es hat Vorläufer von Isis gegeben, die so brutal waren, dass
selbst der Chef des Terrornetzwerkes al-Kaida, Osama bin Laden, sich
von ihnen distanzierte. Diese Vorläufer von Isis verloren irgendwann
die Unterstützung der Bevölkerung. Ähnliches könnte Isis in den
nächsten Monaten passieren, wenn die Iraker sich gegen die
Terroristen wenden.
Der Staat Irak aber zerfällt weiter. Die Bedrohung für die Region
vom östlichen Mittelmeer bis nach Teheran bleibt.
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