Es dürfte zehn Jahre her sein. Damals hatte sich
ein hoher NPD-Funktionär in der SZ-Redaktion gemeldet. Er schwafelte
von einer jüdischen Verschwörung gegen die Deutschen. Auch
Marsmenschen seien in die Intrige verwickelt, waren seine weiteren
Worte. In der Redaktion wurde gelacht. Das Fazit: Solche Schwachköpfe
braucht man nicht ernst zu nehmen. Ein weiteres Erlebnis stärkte
dieses Gefühl. Bei einer Anti-Nazi-Aktion in Friedrichshafen ließen
sich rechte Skinheads blicken. Sie wirkten wie ein Trupp Dorftrottel,
mitunter dumpfe Typen, höchstens zu Hau-Drauf-Gewalt fähig. Mehr
trauten viele Deutsche den Rechtsextremen sowieso nicht zu. Ein
grandioser Irrtum. Nach der Entdeckung einer braunen Terrorgruppe
dürfte dies jedem klar sein.
Ein Wandel in der deutschen Nazi-Szene deutete sich schon länger
an. So zeichnete sich eine Intellektualisierung der Szene ab – und
eine Neigung zu strukturierter Gewalt. Einige Beobachter des
Nazi-Sumpfs warnten durchaus davor. Doch weder Politik noch Medien
oder Behörden gingen groß darauf ein. Die Beobachtung passte nicht
ins Klischee vom tumben Nazi. Hinzu kam in Westdeutschland das
Gefühl, kaum betroffen zu sein. Man wusste wenig mit sogenannten
„national befreiten Zonen“ in den neuen Bundesländern anzufangen.
Dort hat brauner Terror Andersdenkende bereits mundtot gemacht.
Unglaublich, dass so etwas im modernen Deutschland noch möglich ist.
Offenbar geriet ein früher gerne zitierter Spruch in
Vergessenheit: Wehret den Anfängen. Noch einmal darf dies nicht
versäumt werden. Wachsamkeit ist angesagt – zumal sich rechtsextreme
Strategien von Zeit zu Zeit ändern. Tarnen und Täuschen gehört zum
Geschäft. So will der frisch gebackene NPD-Vorsitzende Holger Apfel
seiner Partei eine bürgerliche Fassade geben. Er spricht von sozialer
Gerechtigkeit und Heimatpflege. Tatsächlich geht es den
Rechtsextremen aber immer um einen Wechsel des politischen Systems.
Ihr Ziel ist nach wie vor die Wiedergeburt eines NS-Staates.
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