Vielleicht funktioniert ja mittelfristig „Fehler
eingestehen, Mund abwischen, weitermachen.“ Die CDU versucht auf
diesem Weg, die eigenen Reihen zu schließen und zu motivieren. Ob das
mit einer gerade einmal 20-minütigen Aussprache auf dem Parteitag
über den EnBW-Skandal geklappt hat, ob es genügt, sich von Stefan
Mappus in einer Art und Weise zu distanzieren, die bei manchem
Mitglied zu Magengrummeln führt, ist jedoch mehr als zweifelhaft.
Dass sich heute CDU-Granden überrascht zeigen, wie brachial Mappus
geführt hat, gehört zum Kapitel Legendenbildung und wird im Lande
nicht wirklich geglaubt. Der Zustand der verunsicherten Union in
Baden-Württemberg wird immer mehr zu einem Problem für Angela Merkel.
Ohne eine starke und selbstbewusste Südwest-CDU wird es
außerordentlich schwierig, die Bundestagswahl im kommenden Jahr zu
gewinnen. Doch bevor sich die Kanzlerin über ihre Parteifreunde im
Süden der Republik ärgert: Sie trägt ein gehöriges Maß an
Verantwortung für die verzwickte Lage. Mit der Inthronisierung von
Mappus zum Ministerpräsidenten konnte sie zwei Dinge gleichzeitig
erledigen. Gezögert hat sie dabei nicht. Günther Oettinger – ähnlich
wie Friedrich Merz oder Roland Koch – hatte immer das Potenzial, der
Kanzlerin innerparteilich gefährlich zu werden. Was lag also näher,
als ihn (den mittlerweile hoch angesehenen EU-Kommissar) nach Brüssel
abzuschieben? Und schließlich konnte die Pragmatikerin Merkel mit der
Unterstützung von Mappus ihre offene Flanke in der Partei schließen.
Der nun in Ungnade gefallene stand für einen konservativen Kurs der
CDU, mit dem Merkel bis heute fremdelt. Merkels Schritt wurde zudem
von ihren Vertrauten Volker Kauder und Annette Schavan unterstützt.
Die CDU irrt, das Kapitel Mappus sei dank der Abrechnung
geschlossen. Grün-Rot wird genüsslich den Untersuchungsausschuss im
Landtag ebenso wie die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nutzen, um
das Thema am Köcheln zu halten.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de