Dem Kindeswohl wird im vorliegenden Gesetzesentwurf
eindeutig höhere Bedeutung eingeräumt. Das Recht auf Familienleben
wird durch das sog. „Mindestbesuchsrecht“ gestärkt. Dieses sieht
allerdings bereits die nächste Diskriminierung vor, da nur
schulpflichtige Kinder davon profitieren dürfen. Gerade bei kleineren
Kindern ist aber ein Kontakt zu beiden Elternteilen in kurzen
Zeitabständen, auch nach einer Trennung, notwendig.
Dass die automatische alleinige Obsorge, wie sie § 166 ABGB
zwingend verordnet, von der Reform unberührt bleiben soll, ist
unverständlich und lässt die Diskriminierung unehelicher Kinder
gegenüber ehelichen unverändert.
Das Antragsrecht unverheirateter Väter auf gemeinsame Obsorge
entspricht der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für
Menschenrechte. Weiters ist positiv, dass die gemeinsame Obsorge
nach Scheidungen nunmehr der Regelfall ist und nicht unbegründet
jederzeit aufgehoben werden kann. Allerdings sollte auch bei Eltern,
die in häuslicher Gemeinschaft leben, die gemeinsame Obsorge der
gesetzliche Normalfall sein – dies wurde im Entwurf nicht realisiert.
Die gleichwertige Betreuung in den Haushalten beider Eltern
(„Doppelresidenz“) ist als Möglichkeit vorgesehen, damit wird dem
Lebensmodell vieler Eltern endlich Rechnung getragen. Insgesamt ist
dies jedoch nicht konsequent genug geregelt.
Das im Entwurf vorgesehene Inkrafttreten mit 1. Jänner 2012 ist zu
spät. Zu viele Menschen leiden unter der herrschenden Rechtslage.
Durch die vielen Beteiligten an familienrechtlichen
Außerstreitverfahren (Richter, Sozialarbeiter, Gutachter,
Kinderbeistand etc.) werden die Verfahren unnötig in die Länge
gezogen. Dass zusätzliche Beteiligte (Familiengerichtshilfe)
aufgenommen werden sollen, lehnen wir ab.
Die Verpflichtung der Gerichte, bei vorläufigen Obsorge- bzw.
Besuchsrechtsentscheidungen das Kindeswohl zu berücksichtigen, ist zu
befürworten.
Im Ö1-Morgenjournal vom 9.8.2010, hat die Frauen- und
Gleichbehandlungsministerin, Gabriele Heinisch-Hosek, bekanntgegeben,
dass es „keinen Reformbedarf im Obsorgerecht“ gebe und dass die
„bestehende Rechtslage absolut ausreichend“ sei. Wenige Monate später
wurde die Republik Österreich vor dem Europäischen Gerichtshof für
Menschenrechte wegen ihres menschenrechtswidrigen Familienrechts
verurteilt. Wir hoffen, dass die Ministerin die nächste
„Bewährungsprobe“ bestehen wird.
Rückfragehinweis:
Väter ohne Rechte, Mag. Guido Löhlein
Tel. ++43 664 80271619, E-mail gl@vaeter-ohne-rechte.at
Digitale Pressemappe: http://www.ots.at/pressemappe/11012/aom