Der Bundestag, die bedeutendste Institution der
deutschen Demokratie, hat bei den Bundesbürgern ein miserables
Ansehen. Auf die Frage, ob die meisten Abgeordneten ihre Arbeit
engagiert und sachgerecht verrichteten, antworteten in einer Umfrage
für die neue, am Donnerstag erscheinende Ausgabe des Hamburger
Magazins „stern“ zwei von drei Bürgern (66 Prozent) mit „Nein“. Nur
24 Prozent erklärten, sie hätten Vertrauen in die Arbeit der
Abgeordneten. Große Zweifel hegen die Deutschen auch, ob die
Mitglieder des Bundestages angesichts der schwierigen Probleme noch
den Überblick behielten: 81 Prozent meinen, die Abgeordneten seien
überfordert. Nur 15 Prozent glauben, dass die Parlamentarier noch der
Situation gewachsen seien.
Kritisiert wird zudem der starke Druck von Interessengruppen auf
die Mitglieder des Parlaments. Nach dem Eindruck von 75 Prozent der
Deutschen üben Lobbyisten zu viel Einfluss auf politische
Entscheidungen aus. 16 Prozent glauben das nicht.
Wenn es nach den Bürgern geht, sollten Abgeordnete auch wesentlich
unabhängiger von ihrer Partei und Fraktion als bislang abstimmen
können. 77 Prozent vertraten in der „stern“-Umfrage die Auffassung,
ein Abgeordneter sollte generell nur seinem Gewissen folgen und von
der Linie seiner Partei abweichen dürfen. 20 Prozent möchten, dass
Parlamentarier sich in erster Linie nach den Zielen ihrer Partei
richten sollen.
Generell sind viele Bundesbürger an der politischen
Auseinandersetzung interessiert: 40 Prozent von ihnen sagen, dass sie
sich hin und wieder Debatten des Bundestages im Fernsehen anschauten.
Verärgert sind die Bürger jedoch, wenn im Hohen Haus viele Reihen
leer sind: Drei von vier Deutschen (75 Prozent) wünschen, dass bei
Sitzungen das Plenum gut besetzt ist. Lediglich 21 Prozent haben
Verständnis für die Terminnöte der Abgeordneten.
Manfred Güllner, Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, sagte
dem „stern“, ein derartiges Negativbild des Bundestages habe er nicht
erwartet. Güllner: „Wir wissen, dass die Deutschen überzeugte
Demokraten geworden sind. Dass die Abgeordneten so schlecht
abschneiden, ist erschreckend.“ Dass die Umfrage von der
Medien-Schelte beeinflusst sein könnte, die nach der umstrittenen
Verabschiedung des Meldegesetzes am Parlament geübt wurde, schloss er
aus. Der Forsa-Chef zum „stern“: „Wir haben die Fragen sehr
vorsichtig und ausgewogen formuliert. Das Ergebnis ist unabhängig von
dieser aktuellen Debatte als gültig anzusehen.“
Datenbasis: 1002 repräsentativ ausgesuchte Bundesbürger, befragt
am 11. und 12. Juli 2012, statistische Fehlertoleranz: +/- 3
Prozentpunkte. Institut: Forsa. Auftraggeber: stern.
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Gruner+Jahr, stern
Matthias Weber
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