Stuttgarter Zeitung: Der Preis der Ahnungslosigkeit / Leitartikel zu NSA/Spähaffäre/Merkel/Pofalla

In der NSA-Affäre muss sich Kanzlerin Angela
Merkel die sonst so Detailverliebte, dumm stellen, weil der Einschlag
bei dieser Krise erstmals nicht in einem anderen Ministerium, sondern
in ihrem unmittelbaren Umfeld erfolgte. Die Koordination der
Geheimdienste ist Aufgabe des Kanzleramts. Merkels rechte Hand,
Kanzleramtsminister Ronald Pofalla, ist dafür verantwortlich. Der
treue Vasall darf sich deshalb schon einmal bereit machen zum
Opfergang.

Doch eine solche Operation wird nur gelingen, wenn Merkel ihrem
Vertrauten Pofalla (und wenn es sein muss auch noch BND-Chef Gerhard
Schindler) den gesamten Mist vor die Tür schütten kann. Das ist der
Grund, weshalb sie unter allen Umständen nichts gewusst haben darf.

Merkel wird ihre Strategie jetzt nicht mehr ändern, sonst hätte
sie ja gelogen. Es ist auch sehr gut möglich, dass sie damit
durchkommt, zumal die Gesellschaft erstaunlich gleichgültig die
mutmaßliche Entsorgung eines Grundrechts hinnimmt. Aber Merkel zahlt
dafür einen Preis, von dem noch keiner sagen kann, wie hoch er sein
wird. Ihr Image, das sie zuletzt nahezu unangreifbar machte, nimmt
Schaden.

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