Stuttgarter Zeitung: Legaler Wucher / Kommentar zur Krankenversicherungspflicht

Die einst von der Großen Koalition eingeführte
Pflicht zur Krankenversicherung für alle ist im Prinzip gut und
richtig. Doch wie sich heute erweist, sind vor allem Kleinunternehmer
und Existenzgründer mit Beiträgen von mehr als 300 Euro im Monat –
200 Euro bei Geringverdienern – überfordert. Die Gruppe der säumigen
Zahler wird für die Krankenkassen zum Problem, die Rückstände gehen
in die Milliarden Euro. Es ist ein Webfehler des von Union und SPD
verabschiedeten Gesetzes gewesen, enorm hohe Säumniszuschläge von
zahlungsunwilligen Versicherten zu erheben. Man wollte
Zahlungsverweigerer auf Trab bringen, stattdessen treibt man sie in
die Schuldenfalle.

Bei 60 Prozent Zinsen im Jahr – das ist kein Witz – darf man mit
Fug und Recht von staatlich verordnetem Wucher sprechen. Das
Bundesgesundheitsministerium will den Fehler offenbar korrigieren.
Das Problem der zu hohen Beitragslast für Selbstständige ist damit
nicht vom Tisch. Überdenken sollte man die rückwirkende
Beitragspflicht, die offenbar viele Härtefälle zur Folge hat. Wenn
Krankenkassen arm und krank machen, stimmt etwas nicht.

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