Aber klar: Bert Brecht hat sich für die
Dreigroschenoper bei François Villon bedient, Goethe nahm für „Über
allen Gipfel ist Ruh“ Anleihen bei Johann Daniel Falk. Befindet sich
Karl-Theodor zu Guttenberg also in guter Gesellschaft? Bedauere.
Abkupfern ist nicht gleich abkupfern. Der Minister hat vor fünf
Jahren eine wissenschaftliche Arbeit abgeliefert. Sie verlangt neue
Erkenntnisse und schreibt vor, geistige Leistungen anderer eindeutig
zu kennzeichnen. Nur so können Gutachter beurteilen, wie viel
Gehirnschmalz ein Studierender in seine Doktorarbeit eingebracht hat.
Nun sind die Verstöße Guttenbergs gegen Regeln wissenschaftlichen
Arbeitens erheblich. Aus Versehen passieren sie so wenig wie aus
stressbedingter Vergesslichkeit. Das müssen auch die Professoren der
Uni Bayreuth beachten, selbst wenn ihnen ihr Vorzeige-Absolvent
abhanden kommt. Dem Verteidigungsminister zu Guttenberg fällt seine
Selbstdarstellung als anständige, integere, geradlinige und moralisch
überzeugende Persönlichkeit vor die Füße. Dabei ist für einen
Politiker Glaubwürdigkeit das höchste Gut, das er verspielen kann.
Wie gewinnt der CSU-Aufsteiger sie halbwegs zurück? Er muss klar
sagen, wie es zu den Plagiaten kam, warum ausführliche Zitate so
abgeändert wurden, dass sie nicht beim ersten Durchlesen auffielen.
Zwei Wochen sollte er sich dafür nicht Zeit nehmen. Schon sein Amt
verlangt rasche Entscheidungen.
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Südwest Presse
Lothar Tolks
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